Korruptionsvorwürfe in Guatemala: Pérez Molina wankt
Die Opposition gegen den Präsidenten wächst. Der Ex-General könnte der Drahtzieher des Korruptions-Netzwerks La Línea sein.
Seit Samstagmorgen steht Pérez Molina noch stärker unter Druck. Denn da haben Ermittler der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (Cicig) und die Staatsanwaltschaft einen Teil ihrer Beweise einer Kommission des Parlaments dargelegt. Dabei wurden Tonbänder aufgezeichneter Anrufe abgespielt, die die Strukturen des Korruptions-Netzwerkes La Línea aufdecken.
Das brachte Waren am Zoll vorbei ins Land – ein Millionengeschäft für die beteiligten Unternehmen und die Verantwortlichen in der Politik. Dazu gehört nicht nur Vizepräsidentin Roxana Baldetti, die schon in Untersuchungshaft sitzt, und weitere fünf Minister, die ihre Ämter niederlegten und von denen mindestens zwei ins Ausland flohen, sondern eben auch Präsident Pérez Molina.
Der 64-jährige Exgeneral könnte der Drahtzieher des Netzwerks sein, das auch im Gesundheits- und Bildungswesen Mittel in die eigene Taschen umgeleitet haben soll. Dabei wurde die Staatsanwaltschaft am Samstagvormittag sehr deutlich. „Sie sprach nicht mehr nur von einem Verdacht gegen Pérez Molina, sondern von handfesten Beweisen gegen den ehemaligen General“, so Michael Mörth.
Stimmen für die Verschiebung der Wahl
Der deutsche Anwalt, der seit zwanzig Jahren in Guatemala lebt, war dabei, als die Parlamentskommission gegen 16 Uhr die Entscheidung fällte, den Abgeordneten zur Aufhebung der Immunität des Präsidenten zu raten. „Dabei hat die Abgeordnete Nineht Montenegro eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat ihre Kollegen von der Kommission gedrängt endlich Entscheidungen zu treffen“, so Mörth. Die Kommission wurde am Samstag vor dem Präsidentenpalast bejubelt, als der Demonstrationszug dort eintraf.
Am Montag soll die Empfehlung der Ausschussmitglieder bei den Abgeordneten eingehen. Diese könnten dann Dienstag einen Termin für die Abstimmung festlegen oder gleich abstimmen.
Für Claudia Samayoa, Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation Udefegua, eine überfällige Entscheidung: „Es gibt Befürchtungen, dass im Norden in der Region von Huehuetenango Wahlurnen in Flammen aufgehen könnten. Die Aufhebung der Immunität des Präsidenten könnte die aufgebrachten Gemüter etwas besänftigen“.
Viele der Demonstrierenden halten wenig davon, die Wahlen wie vorgesehen am 6. September durchzuführen. Das zeigen auch die Transparente und Plakate. Auch Samayoa plädiert für eine Verschiebung des Wahlgangs. Denn gegen zahlreiche Kandidaten werde ebenfalls wegen Korruption ermittelt. Deshalb mahnen Experten wie Demonstrierende grundlegende Reformen an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren