piwik no script img

Korruptionsbekämpfung in AngolaMehr Schein als Sein

In dem Ölstaat wächst die Skepsis, wie ernst der neue Präsident es mit der Korruptionsbekämpfung meint. Jetzt kommt er nach Deutschland.

Angolas Präsident, hier vor dem EU-Parlament am 4. Juli Foto: reuters

Luanda taz | Als João Lourenço 2017 Präsident Angolas wurde, stand dieser Wechsel innerhalb der historischen Regierungspartei MPLA (Angolanische Volksbefreiungsbewegung) unter dem Motto des Kampfes gegen grassierende Korruption.

Doch jenseits dessen, dass Lourenço die mächtigen Familienangehörigen seines Vorgängers Eduardo dos Santos kaltgestellt hat, sinken inzwischen die Hoffnungen, dass der zweitgrößte Ölförderer Afrikas dieses Übel eindämmen kann.

Unter dem von 1979 bis 2017 regierenden Eduardo dos Santos wurden dessen Kinder, führende Generäle und hohe Politiker steinreich, während die überwiegende Mehrheit der 28 Millionen Angolaner in bitterer Armut ohne Zugang zu Grunddienstleistungen lebt.

Präsidententochter Isabel dos Santos gilt als Afrikas reichste Frau mit Besitz von umgerechnet 2,6 Milliarden US-Dollar. Sie wurde inzwischen von Lourenço als Chefin der staatlichen Ölfirma Sonangol abgesetzt und ihrer Firma Atlantic Ventures wurde der Staatsauftrag zum Bau eines neuen Tiefseehafens entzogen.

Angolas Präsident besucht Deutschland

Angolas Präsident João Lourenço wird am Mittwoch in Berlin mit militärischen Ehren empfangen. Es folgt ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Parallel zum Besuch richtet der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft in Berlin das 7. Deutsch-Angolanische Wirtschaftsforum aus. Es sind auch Treffen zwischen der Präsidentendelegation und Angolanern in Deutschland geplant, allerdings nicht mit oppositionellen Exilanten, beklagen letztere.

Doch sie selbst hat dies als Ergebnis eines parteiinternen Machtkampfes abgetan, und Kritiker sagen, wenn Lourenço die Korruptionsbekämpfung ernst meinen würde, würde Isabel dos Santos vor Gericht stehen.

„Die Leute wollen Schuldige hinter Gittern sehen“

„Draußen in den Dörfern sieht man, wie schwer das Leben ist“, sagt Aktivist Pirolito Afonso in der zentralangolanischen Stadt Huambo, ehemalige Rebellenhochburg. „Die Leute interessieren sich nicht für Scheinabsetzungen hochprofilierter Einzelpersonen. Wir wollen die Schuldigen hinter Gittern sehen, als Beispiel, dass Korruption bestraft wird.“

Auch Fabricio Domingos Cristovão in der Stadt Lobito fragt sich, warum Isabel dos Santos straffrei bleibt. „Korruptionsverdächtige von der Bühne zu entfernen, ohne sie vor Gericht zu stellen, wird die Korruption in diesem Land nicht verringern“, meint er. „Wir würden uns freuen, wenn der neue Besen tatsächlich saubermacht und hochgestellte Unhygienische in die Mülleimer namens Gefängnis steckt, wo sie hingehören.“

Für Miguel Antonio in der Hauptstadt Luanda schützen sich die Kader der Regierungspartei MPLA gegenseitig. „Unser Problem ist, dass wir keine lebendige Opposition mehr haben. Wenn die Unita (ehemalige Rebellenbewegung) noch so effektiv wäre wie in den frühen 1990er Jahren, würde man mit Leuten, die das Öl und das Gas des Landes stehlen, kurzen Prozess machen.“

Viele Angolaner äußern sich überzeugt, dass ihr Land das reichste Afrikas sein könnte, wenn die gigantischen Öl­einnahmen produktiv eingesetzt würden.

Dass der Reichtum des Landes nicht der Bevölkerung nützt, sei in Angola nicht anders als in der Demokratischen Republik Kongo – aber in Angola gebe es keine bewaffneten Konflikte. Eine Lehrerin meint: „Wir sollten die Stabilität und den Frieden im Land nutzen, um das Leben der Menschen zu verändern, statt einfach ein paar Individuen zu bereichern.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!