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Korruption in RusslandDer Ordnungshüter als Abzocker

Bei der Polizei blüht die Korruption. Deren Vertreter können in reichen Moskauer Vierteln viel Geld machen. Präsident Medwedjew will dagegen vorgehen.

Russische Polizei im Einsatz. Bild: dpa

Präsident Dmitri Medwedjew hat den Kampf gegen Korruption in Russland zur Chefsache erklärt. Der Kreml entwickelte einen "nationalen Antikorruptionsplan", der dem Übel beikommen soll. Unlängst unterzeichnete der Kreml-Chef nochmals ein Gesetzesbündel, das Beamte und Bürokratie zu Transparenz verpflichtet. Auch in seinem Blog lässt der Präsident leidenschaftlich über Korruption diskutieren. Blogger Medwedjew zeigt sich dabei erstaunlich offen. Eine jahrhundertelange Tradition hätte in Russland zu unerhörter Toleranz gegenüber Bestechlichkeit geführt. Die Käuflichkeit der Staatsdiener zu bekämpfen sei nur ein Teil der Lösung. Noch schwieriger sei es, in der Gesellschaft ein Bewusstsein für unrechtmäßiges Handeln und Unschicklichkeit zu wecken.

Medwedjew lässt es nicht bei Worten bewenden. Als Ende April ein Amok laufender Milizmajor im Moskauer Stadtteil Zaryzino neun Menschen erschoss, entließ er den Polizeichef der Hauptstadt. Wladimir Pronin hatte den Major eingestellt, da er mit dessen Vater befreundet war. Bei den Ermittlungen traten zusätzliche Ungeheuerlichkeiten zutage, die zur Festnahme eines Kollegen des Todesschützen führten, der in seinem Revier illegalen Waffenhandel betrieb.

Der moralische Zustand der Sicherheitsorgane gibt Anlass zu Sorge. Die Abteilung für interne Sicherheit des Innenministeriums registrierte im ersten Quartal 2009 18.000 Rechtsverstöße aus den eigenen Reihen, 18 Prozent mehr als 2008.

"Das größte Problem ist, dass niemand Milizionär wird, weil er Bürger schützen möchte", meinen unabhängige Experten in der Zeitschrift The New Times (TNT). Eigene Erhebungen des Innenministeriums zur Motivation der Ordnungshüter fallen nicht viel ermutigender aus: Demnach dienen 10 Prozent mit ehrlichen Absichten, 40 Prozent wollen sich bereichern. 50 Prozent seien bereit, sich an Recht und Gesetz zu halten. Die Umstände zwängen sie jedoch, nach geltenden Regeln zu spielen. Die Chefposten in den Sicherheitsorganen sind begehrt. Voraussetzung ist die Empfehlung einer hochgestellten Vertrauensperson, mit der der Anwärter später Geschäfte betreibt. Auch "einflussreiche Geschäftskreise" spielen bei der Ernennung eine Rolle, sagten Milizionäre der TNT. Der Platz an der Spitze eines Stadtreviers kostet zwischen 100.000 und 1 Million Dollar. Die Summe hängt von den Verdienstaussichten ab. Je mehr Märkte, Einkaufszentren, Bahnhöfe oder auch Wohnheime in einem Bezirk vorhanden sind, desto teurer ist der Posten.

Wer in Zaryzino Revierchef werden will, muss 500.000 Dollar hinblättern. Der Profit beläuft sich jährlich auf 100 bis 200 Millionen. Dollar. Besonders beliebt sind das Stadtzentrum und die Quartiere im Süden und Südosten. In der Stadtmitte winken Einnahmen von 1,5 bis 2 Milliarden Dollar. Das entspricht Umsätzen von staatlichen Großbetrieben. In einem guten Bezirk sammelt ein Milizionär im Monat bis zu 250.000 Dollar. Den größten Teil reicht er an seine Chefs weiter. Denn auch die Abteilungsleiter sind verpflichtet, dem Klan, der den Platz an der Futterkrippe verschaffte, sowie Vorgesetzten einen Abschlag zu entrichten. Der Milizionär im Außendienst teilt dann noch mal mit Kollegen gleichen Ranges.

Nicht hoch im Kurs stehen Schlafstädte. Auch Krylatskoje, ein Stadtteil, in dem die Elite aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft residiert, leidet unter dem Ruf eines Armenviertels. Dort wissen sich die Bürger zu schützen: "Null Profit und eine Menge Hämorriden ", meint ein Milizionär. Hämorriden stehen im Slang für Ärger.

Erhebliche Gewinne erzielt die Polizei bei Festnahmen. Bei kleineren Vergehen zahlt der Delinquent rund 10.000 Dollar, um davonzukommen. Ausgesorgt haben soll, wer es in das Kommissariat für Wirtschaftskriminalität geschafft hat. Der Eintrittspreis ist unbekannt.

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3 Kommentare

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  • PB
    Peter Bitterli

    Sehr geehrte/r Frau/Herr Sonnenschein

     

    Ich habe ganz genau auf diese Reaktion gewartet, auf die Frage nämlich, ob drei Tote weniger schlimm seien als neun. Diese Frage kommt reflexartig. Dennoch habe ich mich geschämt, in vorauseilender political correctnes hinzuschreiben, dass ich drei nicht weniger schlimm finde als neun. Gewisse Dinge verstehen sich einfach von selbst.

    Aber das ist ja gar nicht das Thema. Das Thema ist die notorisch fehlende journalistische Sorgfalt des Herrn Donath. Und da geht es eben immer wieder genau auch um Zahlen.

  • S
    sonnenschein

    Sehr geehrter Herr Bitterli,

     

    Bei aller Liebe zur Genauigkeit, sind drei Todesopfer polizeilicher Gewalt denn weniger schlimm als neun?

    Dass ich hier das Wort “antirussisch” lesen muss als Kommentar zu einem Artikel, der Fakten zur Korruption blosslegt finde ich sehr bedenklich. Wenn man z.B. Kinderarbeit in China anprangert, ist man dann “antichinesisch”?

    Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Verhalten der Polizei in Russland von der russischen Bevoelkerung als etwas Positives aufgefasst wird.

    Wenn in einem Land sich die Polizei zu einer verbrecherischen Vereinigung gruppiert und anstatt die Rechte der Buerger zu wahren, selbst die Gesetze bricht zu Ihrer eigenen Bereicherung, kann man daran wohl weder etwas beschoenigen noch relativieren.

     

    Wenn wir auf Russland als zuverlaessigen Handels- und Geschaeftspartner zugehen wollen, wie unsere Regierung es immer wieder beteuert, kann man vor obengenannten Zustaenden doch nicht die Augen verschliessen.

    Verschweigen von Tatsachen im Interesse bestimmter Gruppen mag in Russland die selbstgewaehlte Gangart mancher Journalisten sein, sollte aber bitte nicht auf andere Laender uebergreifen.

     

    Dank deshalb an Herrn Donath fuer den aufschlussreichen Beitrag.

  • PB
    Peter Bitterli

    Der Moskauer Milizionär hat drei (nicht neun) Menschen erschossen. Und das schöne Wort heisst "Hämorrhoiden", nicht "Hämorriden". So ein toller Rechercheur ist KH Donath, der antirussische Hassprediger im Dienst der besserwisserischen, pharisäerhaften Linken.