Korrektur bei Kfz-Steuergeschenken: Kleine Scheine für Stinker-Fahrer
Weil sich die Koalitionsfraktionen auflehnen, muss die Regierung ihre Pläne bei der Kfz-Steuer korrigieren. Käufer von spritfressenden Neuwagen fahren jetzt nur noch ein Jahr steuerfrei.
BERLIN taz Wer sich bis zum 30. Juni 2009 ein neues Auto kauft, muss zunächst keine Kfz-Steuern bezahlen. Das hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Autos mit der strengen Abgasnorm Euro 5 oder Euro 6 sind für zwei Jahre steuerfrei, weniger umweltfreundliche Neuwagen für ein Jahr. Die Befreiung endet in jedem Fall Ende 2010. Im Jahr 2011 soll ohnehin ein neues Steuermodell eingeführt werden, das sich am Schadstoffausstoß orientiert. Die Regelung ist Bestandteil des Konjunkturpakets, mit dem die Bundesregierung die Folgen der drohenden Wirtschaftskrise abmildern will.
Damit hat die Bundesregierung dem Druck aus den Parlamentsfraktionen nachgegeben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wollten die Steuerbefreiung ursprünglich für Neuzulassungen bis Ende 2010, also anderthalb Jahre länger als jetzt beschlossen. Viele Politiker und Experten kritisierten jedoch, dass damit vor allem große und spritfressende Autos subventioniert würden. SPD-Vizefraktionschef Ulrich Kelber hielt den Plan für "ökologisch kontraproduktiv und sozial höchst ungerecht". Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, zeigte sich ebenfalls nicht überzeugt.
Die SPD-Fraktion zog am späten Dienstagnachmittag in einer tumultartigen Debatte die Notbremse. Das Finanzministerium soll nun noch vor der Bundestagswahl einen Gesetzentwurf für eine neue Kfz-Steuer vorlegen. Sie soll sich nicht mehr am Hubraum, sondern an den Emissionen orientieren. Denkbar sind für den parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, auch günstige Kredite für den Kauf umweltfreundlicher Autos oder Abwrackprämien für Altfahrzeuge.
Auf Kritik stößt das Hilfspaket allerdings auch in seiner neuen Form. Der CDU-Mittelständler Michael Fuchs sagte der taz, wegen einer Steuerersparnis von einmalig durchschnittlich hundert Euro werde sich kaum ein Bundesbürger ein neues Auto kaufen. Sinnvoller sei es, mit dem eingesparten Geld den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer anzuheben und auf diese Weise die Konsumneigung zu heben. Auch sollten die Sozialdemokraten auf ihren Wunsch verzichten, die steuerliche Absetzbarkeit von Firmenwagen vom nächsten Jahr an einzuschränken.
Umweltverbände zeigten sich mit dem Koalitionskompromiss ebenfalls unzufrieden. "Es macht keinen wesentlichen Unterschied, ob die Befreiung von der Kfz-Steuer für ein halbes oder ein ganzes Jahr angeboten wird", erklärte der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Konjunkturmaßnahmen müssten sich am langfristigen Nutzen für Verkehr und Umwelt orientieren.
Schon zum wiederholten Mal hat die SPD-Fraktion damit gegen ein von den eigenen Ministern mitgetragenes Konzept rebelliert. Zuletzt kippten die Parlamentarier den Kompromiss zu Bundeswehreinsätzen im Innern. Im Mai hatten die Sozialdemokraten eine geplante Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten gestoppt, die mit der Union bereits fest vereinbart war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“