village voice 2 : Korrekte Chansons für alte Grüne
Nylon haben es vorgemacht, Mathilda machen es nach: In der Hauptstadt finden Chansons mit deutschen Texten ihr Publikum. Sängerin Anika Mauer berichtet von einer „Butterfahrt“, vom „Philosophenkongress“ oder dem „Herbst“ und zwei Saxofone füllen die Lücken in ihrem bewusst trocken gehaltenen Vortrag mit kleinen, kecken Jazz-Soli. So werden selbst Hausarbeit und Einkaufslisten („Käse und Wurst / Und für den Durst / Wasser und Saft / Zu Haus ohne Lust /’n bisschen geputzt“) zum mondänen Metropolenerlebnis und das gepflegte Älterwerden zum urbanen Entwurf. So tummeln sich in den Songs, die Gitarrist Florian Bald für das Septett schreibt, nicht nur „Audrey Hepburn“, sondern auch ein „Konstruktivist mit Beziehungsstress“, ein „Blinder vor Wurstbraterei“ und ein Hund mit Silberblick. Notgeile Büro-Zampanos werden vom „Hormonstau regiert“ und überhaupt breitet sich zwischen sanften Klavierklängen und gerührtem Schlagzeug eine überaus wohl temperierte politische Korrektkeit aus. Die ist lobenswert, kommt aber auch ein wenig altbacken daher und beweist, dass auch in Ehren ergraute Grüne nicht auf ewig dazu verdammt sein wollen, Reinhard Mey hören zu müssen. TO