Kopierschutzärger im Kino: Die Leinwand blieb dunkel
James Camerons neuer Film "Avatar" läuft derzeit als Vorpremiere in ausgewählten 3D-Kinos – wenn nicht der digitale Projektor die Filmkopie für eine "Raubkopie" hält.
BERLIN taz | Wenn es um Probleme mit Raubkopien in Lichtspielhäusern geht, drehen sich diese üblicherweise um Klein- bis Mittelschwerkriminelle, die den neuesten Action-Streifen per Videokamera aufzeichnen, um ihn dann für viele Tausend ihrer Freunde ins Internet zu stellen. Dagegen helfen Nachtsichtgeräte und die zunehmend häufiger vorkommenden Abtastkontrollen am Eingang. Selten ist dagegen bislang die Rede davon, dass die seit kurzem eingeführte digitale Projektionstechnik eines Kinos ihren Dienst versagte, weil sie die vom Vorführer eingelegte Festplatte für ein geklautes Machwerk hielt.
Doch genau das passierte am Mittwoch, als in mehreren Kinos des "Cinestar"-Konzerns und einem Haus der "Cinemaxx"-Kette Zuschauer nach Hause geschickt werden mussten, die eigentlich zur Aufsehen erregenden 3D-Vorpremiere des neuen James Cameron-Actionknallers "Avatar" gekommen waren. Von mindestens acht Lichtspielhäusern deutschlandweit berichtet der IT-Nachrichtendienst "Heise Online", die am so genannten digitalen Rechtemanagement (DRM) verzweifelten, darunter auch zwei Vorzeigehäuser am Potsdamer Platz in Berlin.
Grund für all die Peinlichkeiten war offenbar ein verhältnismäßig triviales Problem mit dem Kopierschutz. "Avatar" wurde im so genannten JPEG 2000-Format auf einem rund 150 Gigabyte fassenden Datenträger angeliefert, der darüber hinaus mit dem Verschlüsselungsverfahren AES 128 geschützt war. Diese externe Festplatte, die die Filmstudios per verschwiegenem Kurier verteilen lassen, ersetzt die analoge (und deutlich teurere) Filmkopie. Immer mehr Häuser beherrschen die Technik, darunter mindestens 46 der "Cinemaxx"-Kette.
Damit ein Streifen auf diese Art auch vorgeführt werden kann, muss das Kino den Film dann nur noch auf den am Projektor hängenden Computer (Server) kopieren. Um zu verhindern, dass ein böswilliger Angestellter des Kinos sich eine Privatkopie zieht, ist die verlustfreie Digitaltechnik dabei über so genannte Zertifikate abgesichert. Deren Erstellung erfolgt über externe Dienstleister und pro Film und Kino. Nur wenn digitaler Projektor, Server und digitale Filmkopie zusammenpassen, kann der Streifen auch geldbringend vorgeführt werden. Ansonsten versagt die Technik wie ein ordinärer DVD-Spieler bei DVDs, deren Ländercode nicht passt: "Certificate does not match" heißt es dann, wie es Internet-User ähnlich auch von Phishing-Versuchen im Web kennen.
Eigentlich ist das DRM-System der Kinos eine ausgefeilte Sache: Die großen Filmstudios können so beispielsweise sogar bestimmen, zu welcher Uhrzeit eine Filmkopie vorgeführt werden kann. Verbunden mit dem digitalen Projektionsverfahren, das verlustfrei arbeitet, soll sich für die Kinobesucher außerdem ein besseres Bild ergeben, ohne Abnutzungserscheinungen. Selbst der Versand neuester Filme per geschützter Internet-Verbindung ist bald möglich; Kuriere wie derzeit noch bei den Festplatten oder den analogen Filmkopien von anno dazumal sind dann nicht mehr notwendig, alles läuft rein digital von Rechner zu Rechner. Da die Studios bereits viele schlechte Erfahrungen mit Internet-Raubkopien gemacht haben, wollen sie die Technik natürlich absichern.
Im Fall von "Avatar" klappte das ein bisschen zu gut. Offenbar, so berichtet "Heise Online", sei der Versand der DRM-Zertifikate und -Schlüssel für den 20th Century Fox-Film nicht rechtzeitig oder nur fehlerhaft gelaufen. Kinotechniker hätten sich stundenlang abgemüht, den Datenberg zu entschlüsseln, doch auch der zuständige Dienstleister konnte nicht helfen.
Von Cinestar hieß es am Mittwoch, man "bedauere die Ausfälle und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten". Das Problem sei aber inzwischen gelöst und alle 3D-Vorführungen am Premierentag (Donnerstag), fänden statt. Wer am Mittwoch von dem Problem betroffen war, konnte sich den Preis der Kinokarte erstatten lassen, für Popcorn und Cola gab's allerdings nichts zurück. Alternativ war es auch möglich, sich einfach die reguläre zweidimensionale Fassung von "Avatar" anzusehen. Die wurde nämlich noch ganz traditionell analog angeliefert - da konnte dann auch kein DRM-Computer versagen.
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