Kopftuchprotest im Iran: Zwei Jahre Haft wegen Entschleierung
Wegen „sittlicher Verdorbenheit“ muss eine Teheranerin in den Knast, die öffentlich ihre Haare zeigte. Die Justiz ist auch gegen eine Frauentag-Veranstaltung.
Teheran dpa/afp | Wegen ihres Protests gegen den Kopftuchzwang ist eine Iranerin zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Das gab Teherans Staatsanwalt Abbas Dschafar Dolatabadi am Mittwoch laut Nachrichtenagentur IRNA bekannt. Frauen sind im Iran gesetzlich zum Tragen von Kopftüchern verpflichtet. Polizei und Justiz würden jeglichen Verstoß konsequent ahnden, sagte der Staatsanwalt.
Die Frau habe durch die Entblößung ihres Haares „sittliche Verdorbenheit“ in der Öffentlichkeit befördert, sagte Dolatabadi laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Mizan Online. Sie habe Berufung gegen das Urteil eingelegt, doch werde er darauf dringen, dass sie die vollen zwei Jahre absitze.
In den wohlhabenden Vierteln von Teheran und anderen Großstädten tragen viele Frauen nur noch lose gebundene Tücher, die große Teile des Haares zeigen. Generalstaatsanwalt Dolatabadi sagte, eine gewisse „Toleranz“ sei für Frauen möglich, die ihr Kopftuch lose tragen. Doch müsse der Staat energisch gegen Frauen vorgehen, die „gezielt die Regeln des islamischen Schleiers in Frage stellen“, sagte Dolatabadi.
Seit Dezember vergangenen Jahres protestieren immer mehr Frauen gegen den Kopftuchzwang, indem sie auf den Straßen ihre Kopftücher abnehmen und sie als Fahne an einen Stock hängen. Inzwischen sind mehr als 30 Frauen festgenommen worden. Zwar wurden die meisten wieder freigelassen, doch laufen zahlreiche Prozesse.
Den Namen der verurteilten Frau gab Dolatabadi nicht an; es handelt sich angeblich um die 32-jährige Nargess Husseini. Sie wurde vor mehr als einem Monat in Teheran festgenommen und in einem Gefängnis in Südteheran eingesperrt. Auch vor Gericht wollte sie ihre Tat nicht bereuen. Sie soll sogar versucht haben, den erzkonservativen Richter davon zu überzeugen, dass der Kopftuchzwang nicht legitim sei.
In den wohlhabenden Vierteln von Teheran und anderen Großstädten tragen viele Frauen nur noch lose gebundene Tücher, die große Teile des Haares zeigen
Unterdessen kündigte Staatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri an, gegen eine Feier zum iranischen Frauentag vorzugehen, die vom Teheraner Rathaus veranstaltet worden war. Auf einem Video der Veranstaltung, das in den sozialen Medien Verbreitung fand, ist eine Gruppe Mädchen in engen Hosen zu sehen, die zur Musik eines traditionellen Orchesters und eines mehrheitlich weiblichen Chors tanzen.
Montaseri sagte laut der Nachrichtenagentur Isna, die Veranstaltung habe womöglich „gegen die öffentliche Moral“ und islamische Traditionen verstoßen. Er habe den Teheraner Generalstaatsanwalt angewiesen, Ermittlungen einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. An der Feier im Rathaus hatte auch Teherans reformorientierter Bürgermeister Mohammed Ali Nadschafi teilgenommen.
Leser*innenkommentare
Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch
"Wegen ihres Protests gegen den Kopftuchzwang ist eine Iranerin zu zwei Jahren Haft verurteilt worden."
Währenddessen arbeitet sich der Feminismus in Deutschland an so weltbewegenden Themen wie "Mansplaining", "Manspreading", "Maninterrupting"... ab.
Einfach nur traurig, was aus dem Feminismus geworden ist.
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Offensichtlich fällt keinem Islamversteher und Iran-Appeasment-Vertreter etwas zu dem Thema ein. Würde sich etwas ähnliches in Israel ereignen, sie würden schäumen.
Pfanni
Und nun mal ein Blick zurück nach D. im Jahr 2015:
Erinnert sich noch jemand an die Diskussion hierzulande für das „Recht“ der Frauen, sich mit Kopftuch zu verschleiern und den Jubel, als das Kopftuchverbot in Schulen vom BVG gekippt wurde? Vor allem in linken Kreisen glaubten Manche wirklich, den Musliminnen hierzulande sei damit ein Gefallen getan worden. Die TAZ jubelte sogar: „Das Kopftuch ist frei“ //http://www.taz.de/Religionssymbole-an-Schulen/!5016688/
Aber hatten damit diese Frauen wirklich die Möglichkeit erhalten, über diese, ihre eigene Angeleigenheit selber zu entscheiden? Nein!
Anlässlich einer Türkeireise damals erklärte uns der Reiseleiter, was er von der seinerzeit aktuellen Kopftuch-Diskussion in D. hielt.
Nicht etwa die Frauen seien es, die sich die „Freiheit“ wünschen, ihr (möglicherweise hübsches) Gesicht vor der Welt zu verstecken. Sondern die Väter/Brüder/Ehemänner, die im Islam sozusagen als „Eigentümer“ der Frauen gelten, hätten damit die „Freiheit“ erhalten, ihren Töchtern/Schwestern/Ehefrauen das Tragen des Kopftuches VORSCHREIBEN zu können!
Also wurde hierzulande mit der Aufhebung des Kopftuch-Verbotes das genaue Gegenteil von „Selbstbestimmung“ erreicht!
Wer hätte damals gedacht, dass sich jetzt sogar in einem Mutterland des Islam die Frauen erheben, um sich des Kopftuches, für sie ein Symbol der Unterdrückung, ENTLEDIGEN zu können!
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Vielleicht bin ich ja bei den falschen Medien unterwegs. Aber warum hört man so gut wie gar nichts von einer Solidarisierung mit den Frauen im Iran? Heute wäre doch ein guter Tag dafür.
98589 (Profil gelöscht)
Gast
Diese Frauen haben meinen größten Respekt.
Sie gehen für ihre Überzeugung und gegen die Unterdrückung ins Gefängnis.
Statt sie in jeglicher Form zu unterstützen, zeigen viele hier Verständnis für diese absurde und frauenverachtenswerte Unterdrückung.
Wäre sehr hilfreich, den Frauen hierzulande das Kopftuchtragen nur noch im privaten häuslichen Raum zu erlauben.
Da würde sich vieles ändern, garantiert. Und wenn sie, wie so oft aus linken Kreisen zu hören ist, dann das Haus nicht mehr verlassen würden, dann müssen sie sich halt wehren, gegen die Muftis, auch im eigenen Heim.
Dazu brauchen sie unsere Unterstützung, und nur dazu.