Kooperation mit Microsoft: Facebook sucht mit
Microsoft ist Großinvestor bei Facebook. Deswegen kann die Software-Firma den "Like"-Knopf in die Suchmaschine Bing einbauen. Und sie darf noch mehr.
Gut 1,3 Prozent hält Microsoft am weltgrößten sozialen Netzwerk Facebook - und gehört damit zur Gruppe der Großinvestoren. Dieser Status bringt einige Vorteile mit sich, so erhält die Software-Firma leichter Zugriff auf die Plattform. Das zeigt sich nun an einem neuen Dienst: Bing, Microsofts Konkurrent zur führenden Suchmaschine von Google, darf künftig Facebooks "Like"-Knopf direkt in seine Suchergebnisliste einbauen.
Damit nicht genug: Auch andere Daten erhält Bing künftig, wenn ein Nutzer gleichzeitig bei Facebook eingeloggt ist. Microsoft verspricht sich so wichtige Fortschritte auf dem Weg zur sozialen, personalisierten Suche - etwas, das Google mangels Facebook-Anschluss nicht nachahmen kann. Die neuen Funktionen dürften allerdings nicht bei allen Nutzern gut ankommen. Denn man bekommt schnell das unheimliche Gefühl, der Suchmaschinenanbieter wisse mehr vom User, als diesem lieb sein kann.
Microsofts Motivation ist klar: Google wird unter Druck gesetzt. Außerdem belegen Statistiken, die der Konzern zitiert, dass Nutzer in 90 Prozent aller Fälle vor Entscheidungen Freunde und Verwandte befragen. Diesem Prinzip folgt man nun mit der Suchmaschine. "Social"-Funktionen sollen Nutzer anlocken und vor allem halten - die 600 Millionen User, die Facebook mittlerweile hat, sind eine attraktive Zielgruppe. Praktisch heißt das: Merkt Bing über einen von Facebook abgelegten Datenkrümel, um welchen Nutzer es sich handelt, werden die Bewertungen von Freunden gleich in die Ergebnisse eingebettet.
Gesichter in der Suchmaschine
Bei der Suche nach Kochtöpfen bedeutet das beispielsweise, dass ein Suchergebnis, das von Freundin Maria "geliked" wurde, entsprechend ausgezeichnet und höher gewertet bei Bing auftaucht. Selbst die Gesichter der Facebook-Kollegen zeigt die Suchmaschine an. Die Integration geht noch weiter: Sucht man nach einer Stadt, taucht bei Bing plötzlich auf, das Freund X und Y dort leben. Ebenfalls integriert sind "Likes" regulärer Facebook-Nutzer: Diese werden verwendet, um besonders populäre Artikel auf einzelnen Seiten hervorzuheben. Außerdem veröffentlicht Bing die Facebook-Statusbotschaften von Firmen direkt im Suchergebnis und erlaubt das Teilen von Reisetipps mit Facebook-Freunden.
Die Facebook-Anbindung ist außerdem in Microsofts Shopping-Suche integriert. Mit einem Klick lassen sich von dort aus Produkte in das Facebook-Profil übernehmen, um Freunde nach Kaufempfehlungen zu fragen. "Mit einem Klick könnt Ihr zeigen, dass Ihr eine Marke mögt", schreibt Microsoft. Zuguterletzt baut Bing auch noch einen "Like"-Knopf in die sogenannte Bing-Bar ein - mit dieser herunterladbaren Leiste für den Browser Internet Explorer kann man dann auch Seiten bei Facebook "liken", denen der Knopf regulär noch fehlt.
Die Facebook-Integration, die zunächst für die US-Version von Bing vorgenommen wurde, lässt sich vom Nutzer abschalten: Ein Menü auf der rechten oberen Seite der Website erlaubt die Deaktivierung. Allerdings ist es nicht möglich, auszuwählen, was man mit Bing teilen möchte und was nicht: Einmal angedreht, muss man das ganze Paket akzeptieren.
Projekt "Emporia"
Solche durchaus radikalen Konzepte kamen bei Facebook-Nutzern allerdings bisher nicht immer gut an - und bei Datenschützern erst recht nicht. Das bislang größte Fettnäpfchen, in das sich Facebook in den letzten Jahren setzte, hatte ebenfalls mit solchen Datenweitergaben zu tun: Beim Projekt "Beacon" wurden Einkäufe im Web mit Facebook geteilt, was auch durch einen unbedachten Klick passieren konnte. Nun tauchen plötzlich bei Bing Daten von Facebook auf, die man dort möglicherweise gar nicht sehen möchte.
Der Facebook-Einbau bei Microsoft hat erst begonnen. Forscher bei Microsoft arbeiten laut einem "dpa"-Bericht bereits an der Weiterentwicklung des Konzepts. Ein Team in Cambridge will demnach eine intelligente und selbstlernende Suche schaffen, die die Ergebnislisten noch stärker personalisiert. Das "Emporia" genannte Projekt soll Anfang nächster Woche in Berlin auf einer Internet-Konferenz vorgestellt werden.
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