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Kooperation geht vor Konversion

■ Thierry Baumgart, Mitarbeiter im Forschungsinstitut der französischen Regierung, hat im vergangenen Winter einen Bericht über die Rüstungsindustrie in seinem Land vorgelegt

taz: Wie steht es um die französischen Rüstungsexporte?

Thierry Baumgart: Die sind in den letzten Jahren ziemlich zurückgegangen. Das liegt an dem weltweiten geopolitischen Wandel und an der Zunahme der Konkurrenz. 1992 exportierten wir Rüstungsgüter im Wert von 30 Milliarden Franc [etwa zehn Milliarden Mark], das entsprach ungefähr 25 Prozent des Umsatzes der Rüstungsindustrie. In der Vergangenheit haben wir bis zu 40 Prozent unserer Produktion exportiert. Die französische Rüstungsindustrie hat seit 1982, ihrer stärksten Zeit, 80.000 direkte Arbeitsplätze eingebüßt – vor allem wegen des Rückgangs im Waffenexport.

Was sind ihre Hauptmärkte?

Traditionell sind das der Nahe Osten und die afrikanischen Länder. Im Nahen Osten haben die Amerikaner seit dem Golfkrieg wieder Fuß gefaßt, und wir haben dabei verloren. Zusätzlich beginnt Frankreich auch auf asiatische Märkte zu exportieren, zum Beispiel nach Taiwan.

Das Ende des Kalten Krieges hat zwar zu einem Rückgang der Verteidigungshaushalte geführt, doch seitdem gibt es viel mehr heiße Kriege. Kann man daher auf einen Anstieg der Waffenexporte schließen?

Das sind vor allem Guerillakriege mit leichten Waffen. Das ist nicht unsere Spezialität. Und dann kommt in diesen Kriegen vor allem der Überschuß sowjetischer Waffen zum Einsatz. Die Länder der Ex-Sowjetunion haben Waffen in alle Richtungen verschleudert. Die findet man in allen gegenwärtigen Konfliktzonen.

Was würde passieren, wenn Frankreich aufhören würde, Waffen zu produzieren?

Die Rüstungsindustrie ist heute zweifellos weniger unverzichtbar für die französische Industrie als in der Vergangenheit. Das gilt vor allem für die Luftfahrtindustrie und die Elektronik, wo der zivile Bereich einen wichtigen Platz eingenommen hat – bei der Luftfahrt sogar mehr als die Hälfte des Marktes. Vor vier oder fünf Jahren war es nur ein Drittel. In diesen Sektoren ist eine Konversion möglich. In anderen Bereichen, wo es keine traditionellen zivilen Zweige gibt, ist sie schwieriger. Das gilt für Bodenwaffen und für die Schiffskonstruktion. Die Unternehmen in diesen Bereichen arbeiten meist nur für das Militär.

Gibt es den politischen Willen, die Rüstungsindustrie in zivile Industrie zu verwandeln?

Man kann nicht von einem Willen zur Konversion sprechen. Es gibt den Willen zur Kooperation mit unseren europäischen Partnern. Eine der Bedingungen für den Fortbestand unserer Industrie ist, daß sie sich in allen wichtigen Bereichen auf mehr europäische Zusammenarbeit einläßt. Diese Zusammenarbeit wird dazu führen, daß wir bestimmte Produktionen aufgeben müssen. Man kann mit Waffen aber nicht wie mit irgendeinem anderen Industrieprodukt handeln. Wir behalten unsere Autonomie in der Materie. Und wir sagen, das Europa der Rüstung soll so unabhängig werden, wie Frankreich es heute ist.

Innerhalb der EU gibt es einen harten Konkurrenzkampf um die Märkte. Ist das kein Hindernis für die Zusammenarbeit?

Wir schlagen vor, daß die nächste Generation der Waffengüter gemeinsam entwickelt wird. Es sollte in zehn oder fünfzehn Jahren keine Konkurrenz um diese Materialien mehr geben. Interview: Dorothea Hahn, Paris

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