Kontroverse um Dachau-Taschen: „Manche mögen die Stadt“
Ein Unternehmen verkauft Beutel, auf denen „I escaped from Dachau“ steht. Ein Witz auf Kosten der Opfer des Konzentrationslagers?
Herr Meyer, Ihre Firma verkauft Taschen mit Aufdrucken wie „I love Dachau“, „I still like Dachau“ oder „I escaped from Dachau“. Nahe der Stadt stand eines der bekanntesten KZ der Nationalsozialisten. Was haben Sie sich dabei gedacht?
Alexander Meyer: Wir verkaufen diese Taschen mit dem Aufdruck jeder deutschen Stadt und haben da keine Ausnahme gemacht. Auch Aufdrucke von so großen Städten wie München und Berlin, aber auch kleinere Städte. Die sind so weit alle auf Amazon zu finden.
Aber „I still love Dachau“ und „I escaped from Dachau“ – das weist doch auf das Konzentrationslager in der Nähe der Stadt hin.
Diese beiden Designs verkaufen wir zu jeder deutschen Stadt. Das ist keine Anspielung auf die Nazi-Vergangenheit. „Escaped“ verweist auf einen Umzug. Wenn jemand von Buxtehude nach Köln umzieht, kann er also eine „I escaped from Buxtehude“-Tasche kaufen. Wir vertreiben einfach zu jeder deutschen Stadt diese verschiedenen Aufdrucke wie „I still love“ und „I escaped from“.
Wer hatte die Idee zu diesem Aufdruck?
Der „I love New York“-Aufdruck sollte ja jedem bekannt sein. Der ist ja ein uraltes Ding und keine neue Idee. Davon haben wir die Idee so übernommen. Die Idee, das mit anderen Städten zu machen, war ja schon oft da und ist ja zu Hauf auf Ebay zu finden. Auch die Idee mit „Gefällt mir“ und „escaped from“ ist schon da gewesen. Städtenamen sind ja so gesehen offenes Gut, daher haben wir die Aufdrucke damit gemacht.
33, ist einer der drei Geschäftsführer der Firma Jollify.
Waren Sie sich der Vergangenheit Dachaus nicht bewusst?
Wir haben uns die Städte nicht im Einzelnen bewusst rausgesucht. Wir haben pauschal alle deutschen Städte genommen. Ob es da irgendeine Vergangenheit gab, haben wir nicht berücksichtigt und auch nicht bis ins Detail nachgeschaut. Es gibt ja auch Leute, die die Stadt mögen. Ich weiß nicht, ob wir das Dachau-Motiv schon verkauft haben. Aber nach Ihren Nachfragen und weil es auch schon eine Beschwerde per Mail gegeben hat, haben wir das Angebot herausgenommen. Das ist gar kein Problem.
Wussten die anderen Geschäftsführer von Jollify auch nicht, welche Assoziationen mit Dachau verbunden werden?
Nein, die anderen beiden wussten das auch nicht. Wir haben einfach jede deutsche Stadt genommen. Es war keine Absicht auf die Nazi-Vergangenheit anzuspielen. Wenn sie unser Angebot anschauen, stellen sie schnell fest, dass es jede Stadt gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren