Konsequenzen aus Krankendaten-Affäre: Lidl schmeisst Deutschlandchef raus
Kaum ist die erste Datenaffäre verdaut, schon tauchen unzulässige Krankenakten von Mitarbeitern auf. Lidl zieht konsequenzen - und entlässt seinen Deutschlandchef, Frank-Michael Mros.
NECKARSULM dpa Der Lebensmitteldiscounter Lidl entlässt als Reaktion auf die erneute Datenschutz-Affäre seinen Deutschlandchef Frank-Michael Mros mit sofortiger Wirkung. Damit ziehe das Unternehmen die Konsequenzen aus den jüngsten Vorwürfen, teilte eine Sprecherin am Montag in Neckarsulm mit. Nachfolger werde Jürgen Kisseberth. Lidl ist nur wenige Monate nach Bußgeldzahlungen in Millionenhöhe wegen der Bespitzelung von Mitarbeitern erneut ins Visier der Datenschützer geraten. Das Unternehmen soll die Krankheiten von Mitarbeitern systematisch in firmeninternen Unterlagen festgehalten haben.
Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob, der seit Monaten an einem neuen Datenschutzkonzept für Lidl arbeitet, sagte, Krankenakten seien bei Lidl gängige Praxis gewesen. Ob es bei der Dokumentation flächendeckende Anweisungen für jede der mehr als 30 Lidl-Regionalgesellschaften gegeben habe, konnte er aber nicht sagen. Seine Prüfung werde noch bis Mai oder Juni dauern. "Wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen", sagte Jacob.
Von den geheimen Krankenakten habe er im November erfahren. "Bis Anfang Dezember hätten eigentlich alle Unterlagen zerschreddert werden müssen", sagte Jacob. "Ich bin schon angefressen, dass durch diese neuerliche Sache das Ganze jetzt wieder einen Knacks bekommt."
Zufällig entdeckte Lidl-Unterlagen in einer Mülltonne im Ruhrgebiet hatten den neuen Fall ins Rollen gebracht. Das Nachrichtenmagazin Spiegel hatte berichtet, in den Dokumenten sei es beispielsweise festgehalten worden, wenn Mitarbeiter psychische Probleme hatten oder sich wegen eines unerfüllten Kinderwunsches behandeln ließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin