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Konjunkturprognose für DeutschlandEher düstere Aussichten

Für 2012 gehen Wirtschaftsforschungsinstitute von einer deutlichen Eintrübung der deutschen Wirtschaft aus. Grund seien die EU-Sparmaßnahmen. Der Arbeitsmarkt bleibt stabil.

Große Hand, große Geste: Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Bild: dpa

BERLIN taz | Der deutschen Wirtschaft geht es gut. Noch. Sie ist im nun zu Ende gehenden Jahr um insgesamt 3,0 Prozent gewachsen. Und auch der Konsumklimaindex ist im Dezember gestiegen. Doch schon 2012 wird sich die Konjunktur massiv eintrüben. Davon gehen inzwischen alle führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland aus.

Nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wird die Wirtschaft in Deutschland 2012 um 0,1 Prozent schrumpfen.

Ein Grund sei das allgemeine Abflauen der Weltwirtschaft. Die US-Wirtschaft erhole sich nur schleppend, und in den zuletzt boomenden Ländern Asiens und Lateinamerikas verlangsame sich das Wachstum. Als Hauptgrund für die Eintrübung der deutschen Wirtschaft nennt IMK-Leiter Gustav Horn jedoch die Sparprogramme, die immer mehr EU-Länder sich auferlegen.

"Wir werden im kommenden Jahr erleben, welche Folgen ein harter Sparkurs bei unseren wichtigsten Handelspartnern im Euroraum hat", prognostizierte Horn. Ein Kurs, den insbesondere die Bundesregierung forciert habe. Krisenstaaten müssten ihre Haushalte konsolidieren. Aber dass dies nun auch robuste Länder wie Italien, Frankreich, Großbritannien oder Belgien praktizierten, sei "keine Strategie zur Krisenbewältigung", sondern verschärfe die Vertrauenskrise im Euroraum.

"Wenn das Wachstum massiv einbricht, wird das den Konsolidierungserfolg sogar in Frage stellen. Und das dürfte die Anleger eher verunsichern als beruhigen." Horn betonte, diese Prognose setze voraus, dass der Euroraum nicht zerbricht und die Europäische Zentralbank zur Rettung der notleidenden Staaten in ausreichendem Maße intervenieren werde. Gegenüber der Prognose vom Oktober setzten die IMK-Forscher die Vorhersage für 2012 um 0,8 Prozentpunkte herunter.

Auch die Konjunkturforscher anderer Institute senkten ihre Wachstumsprognosen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) geht nur noch von einem Wachstum von 0,6 Prozent aus; vor zwei Monaten hatten sie noch mit einem Plus von einem Prozent gerechnet. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle rechnet nur noch mit 0,3 Prozent. Die gute Nachricht: Die Arbeitslosenquote wird stabil bleiben und von 7,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2011 auf 6,8 im nächsten Jahr sinken.

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1 Kommentar

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  • S
    Spartacus

    http://www.luegen-mit-zahlen.de/blog/das-elend-der-wirtschaftsprognosen

     

    Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst geben die sechs bzw. (seit 2007) vier "führenden deutschen Wirtschaftsforschunginstitute" im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers ihre Prognose für das zu erwartende Wirtschaftswachstum ab. Besonders beliebt: die Herbstprognosen fürs Folgejahr. Doch gerade die lagen 2005-2010 stets arg daneben. Einmal mehr zeigt sich: Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.

     

    Für 2005 hatten sie im Herbst des Vorjahres 1,5 % Wachstum prognostiziert. In Wirklichkeit waren es dann 0,7 %.

    Für 2006: 1,2 % prognostiziert, tatsächlich 3,7 %.

    Für 2007: 1,4 % prognostiziert, tatsächlich 3,3 %.

    Für 2008: 2,2 % prognostiziert, tatsächlich 1,1 %.

    Für 2009: 0,2 % prognostiziert, tatsächlich -5,1 %.

    Für 2010: 1,2 % prognostiziert, tatsächlich 3,7 %.

     

    Sabine Weiler, Sprecherin des Rheinisch-Westfälisches Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, hält eine Abweichung der Prognose vom tatsächlichen Wachstum von 0,2 bis 0,3 Prozentpunkten für gut. In Wirklichkeit lag diese Abweichung 2005-2010 im Schnitt bei 2,35 Prozentpunkten. Auch wenn wir den Extremfall 2009 mal gnädigerweise ignorieren, bleibt die Abweichung bei im Schnitt 1,76 Prozentpunkten. Demnach sind die Prognosen, wenn wir den eigenen Maßstab des RWI anlegen, grottenschlecht und faktisch unbrauchbar.

     

    Weiler sagte bei der Gelegenheit noch etwas Vernünftiges: „Es wäre vernünftiger zu sagen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent eine Zahl zwischen x und y eintreffen kann.“ In der Tat: Wir warten auf die erste offizielle Wachstumsprognose, die genau so formuliert ist – und auf Manager, Politiker und Journalisten, die mit solch unscharfen Aussagen umgehen können.