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Kongress an der Freien UniInnenansichten des Systems

Ein Wochenende lang wurde an der FU über die "Sozialpsychologie des Kapitalismus" diskutiert.

Im Kapitalismus geht's meistens ums Geld. Bild: dpa

Geschäftiges Treiben herrschte am Wochenende im Seminarzentrum der Freien Universität: PsychologInnen aus Deutschland und Österreich beschäftigten sich auf Einladung der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NfG) mit der Rolle der Psychologie im Kapitalismus. Die Themen der Vorträge waren denkbar verschieden: Mehrere ReferentInnen widmeten sich den Veränderungen des Fußballs im postindustriellen Kapitalismus, andere beschäftigten sich mit der Occupy-Bewegung oder der Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Wissenschaft.

Der Sozialpsychologe Gerd Dembowski untersuchte am Beispiel der Ultras die Veränderungen in der Fankultur in einer Zeit, in der Vereinsidentität durch ständige Wechsel von Trainern und Stadionnamen brüchig geworden ist. Die Psychologin Dagmar Schediwy sieht in dem spätestens seit der Fußball-WM 2006 virulenten Fußballpatriotismus einen Ausgleich der Individuen für die wachsenden Anforderungen im Kapitalismus. „Wenn man jederzeit seinen Job verlieren kann, bietet der Rückgriff auf die Nation scheinbar die letzte Sicherheit.“

Für eine stärkere Kooperation von kritischer Wissenschaft und Zivilgesellschaft plädierte der Politologe Thomas Rudeck, der das im letzten Jahr erfolgreiche Volksbegehren zur Offenlegung der Wasserverträge mitverfasst hat. In solchen Referenden sieht er einen Hebel für eine Veränderung der Gesellschaft, erntete damit beim Publikum aber auch Widerspruch.

Gleich mehrere AGs beschäftigten sich mit der Zukunft kritischer Wissenschaft. Dafür stand in den 80er Jahren auch der Hannoveraner Sozialpsychologe Peter Brückner, der in diesem Jahr 90 Jahre geworden wäre. „Seine Befreiungspsychologie war eine radikale Absage an die kapitalistische Gesellschaft“, sagte der Psychologe Klaus Weber.

In der Wiederentdeckung des linken Wissenschaftlers Brückner bestand ein großes Verdienst des Kongresses. Dabei steht eine politische Rehabilitierung des BRD-Dissidenten noch aus. Weil sich Brückner nicht von der Mitherausgabe des Buback-Aufrufs distanzierte, einem Text, in dem Buback kritisiert wurde, betrieb die niedersächsische Ministerialbürokratie seine Suspendierung.

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4 Kommentare

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  • KM
    Kerstin Mahr

    @ teilnehmerin: Die Vorstellung, ein Journalist müsse bei einem Kongress an allen Tagen teilnehmen, um darüber schreiben zu dürfen, ist völlig unrealistisch. Wäre Nowak an den 2 Haupttagen des Kongresses 8 bzw. 7

    Stunden dabei gewesen, hätte das bei den 25 €, die ihm der Artikel vielleicht bringt, einen Stundenlohn von 1 Euro nochwas ausgemacht. Und auch dann hätte er nicht alle ReferentInnen gleichmäßig berücksichtigen können und hätte bei dem großen Themenspektrum notwendigerweise Verkürzungen vornehmen müssen. Genau wegen solcher Kritiken sind Tagungsberichte in den Redaktionen so unbeliebt. Wenn man überlegt, daß zur gleichen Zeit der große Psychotherapiekongress der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie an der FU tagte, von dem ich noch nirgendwo irgendetwas gelesen habe, ist die journalistische "Ausbeute" der NGfP sogar ausgesprochen gut.

  • JL
    Journalismus light

    Journalismus wird dann unseriös, wenn der Journalist (wie offensichtlich vorliegend) seine eigenen Vermutungen in den Rang des Geschehens, was angeblich sich zugetragen habe und berichtet werden KÖNNE, hebt.

    Nun ist es klar, wie so etwas passieren kann und hier passiert ist, geht man nach den beiden Leserbriefen, die es bisher hierzu bei der taz-online vorliegend gab. Indem nur kurz bei der Tagung dagewesen zu sein, vom Tagungsprogrammm abgeschrieben und das wars. Aus der Anwesenheit bei nur zwei wissenschaftlichen Referaten war es dem Jouzrnalisten Nowak nur möglich, den Rest irgendwo abzuschreiben und das noch Fehlende hinzuzudichten.

    - eigene Meinung -

  • TR
    Thomas Rudek

    Was schreibt Nowak? War er auf einer anderen Veranstaltung? Mein Plädoyer für eine Stärkung der direkten Demokratie, um so zumindest partiell der neoliberalen Offensive Einhalt zu bieten, fand Zustimmung und keinen Widerspruch. Wäre schön, wenn der Journalist bei der Berichterstattung bleibt und seine tendeziellen Projektionen für sich behält.

  • T
    Teilnehmerin

    [Zitat / Nowak:] "Mehrere ReferentInnen widmeten sich den Veränderungen des Fußballs im postindustriellen Kapitalismus" Erwiderung: ZWEI Referent/innen; so kann sich eben der Autor wichtig machen, owohl er nur am Samstag, dem dritten der vier Tage der Tagung gesehen ward. Zeitlich betrachtet: minimalé Teilnahme (am Samstag war schließlich am Abend Umtrunk und das Essen vom Buffet mundete -mir- vorzüglich) an der Tagung bei maximaler Zeilen-Ausbeute in der taz-online.

    Der Text wurde also mehrzeitlich aus der Luft geschrieben.

    Und zu Peter Brückner gibt es auch mehr und Entscheidenderes zu sagen / zu schreiben, selbst auf den bescheiden wenigen Zeilen in der taz, als der Autor Nowak es hier getan hat.

     

    Dass Nowak nur zeitlich minmal an der Tagung teilgenommen hatte (auf den gemeinsamen Fora für alle an der Tagung teilgenommen Habenden ward Nowak an allen drei Tagen überhaupt nicht gesichtet; Nowak ist mir persönlich bekannt, deshalb erlaube ich mir hier auch die kritischen Anmerkungen), ist daran ersichtlich, dass er auch kein Wort über die von den Tagungsteilnehmer/innen verabschiedet Solidaritäts-Resolution gegenüber dem griechischen Volk, das unter der Merkelschen Diktion und Knute zu leiden von Merkel und Consorten verdonnert worden ist, in seinem Text verloren hat. Wo doch Nowak sich stets in der Öffentlichkeit als strammer 'Linker' geriert (hat).

     

    Gruß,

     

    Teilnehmerin an der Tagung.