Konflikt um Steuerdaten: Statistiker haben sich wieder lieb
Der Vorwurf des Datenmissbrauchs gegen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ist ausgeräumt - die Sorge um einen Imageverlust bleibt.
Der Zoff war ziemlich groß, jetzt will man sich aber wieder vertragen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und das Statistische Bundesamt nähern sich wieder an.
Der vom Bundesamt erhobene Vorwurf, das DIW habe den Datenschutz verletzt, ist haltlos - darauf haben sich die zuständigen Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Inneres mit den Statistikern aus Wiesbaden am Dienstag geeinigt. Und dennoch: Das Wirtschaftsforschungsinstitut sorgt sich nach dem Fall weiterhin um sein Image.
Nur einen Tag zuvor sorgten die Wirtschaftsforscher sich gar noch um ihre Arbeitsgrundlage. Denn das Statistische Bundesamt hatte angedroht, dem Institut künftig keine Daten mehr für die Forschung zu überlassen.
Außerdem wurde vom DIW gefordert, sämtliche vom Statistischen Bundesamt bisher gelieferten Daten bis Ende der Woche zu löschen. DIW-Präsident Klaus Zimmermann sprach daraufhin von einem "beispiellosen Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft".
Vorausgegangen war ein handfester Streit zwischen dem DIW und den Statistikern aus Wiesbaden. Die hatten dem Forschungsinstitut vorgeworfen, Daten aus der Einkommensteuerstatistik missbräuchlich verwendet und damit die Wahrung des Steuergeheimnisses "erheblich gefährdet" zu haben. DIW-Präsident Zimmermann bezeichnete diese Anschuldigung als völligen Unsinn - und wetterte seinerseits gegen das Bundesamt.
Im Kern ging es um eine Untersuchung aus dem Jahr 2006, zu dem das DIW Daten der Einkommensteuerstatistik mit Daten aus einer groß angelegten Umfrage, dem sozioökonomischen Panel, statistisch verbunden hatte. Ein gängiges Verfahren, wie die Berliner Wirtschaftsforscher betonen, das etwa in der Arbeitsmarktforschung schon seit Langem angewendet werde. "Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass man damit irgendwelche Einzelfälle identifizieren kann", erklärte Zimmermann.
Das Statistische Bundesamt teilte dem Institut im Mai dieses Jahres dennoch mit, dass es rechtliche Bedenken gegen diese Datenverknüpfung habe, und verbot dem DIW, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu veröffentlichen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Forschungsbeitrag allerdings schon bei einer Fachzeitschrift. Und die veröffentlichte den Beitrag dann - just ein paar Tage nach dem ausgesprochenen Verbot.
Eine Provokation für die Statistiker, schätzt DIW-Präsident Zimmermann. Ohnehin glaubt der DIW-Präsident nicht, dass es hier um einen rein sachlichen Konflikt geht: Er wittert einen von Wiesbaden angezettelten Machtkampf um die Herrschaft über die Daten. "Das Statistische Bundesamt ist seit Langem daran interessiert, die Steuerdaten exklusiv für sich zu behalten", sagt Zimmermann.
Den angedrohten Lieferstopp für Daten muss das DIW jetzt nicht mehr fürchten. "Trotzdem ist die ganze Geschichte ärgerlich und gefährlich", sagt DIW-Sprecher Carel Mohn.
Auch wenn an den Datenmissbrauchsvorwürfen nichts dran gewesen sei - ein angekratztes Image erleichtere nicht gerade die Arbeit eines Forschungsinstituts.
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