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Konflikt oder Bürgerkrieg?Keine Nato-Intervention in Syrien

Die syrischen Regierungstruppen drängen die Aufständischen zurück. Trotz der anhaltenden heftigen Gefechte lehnt die Nato eine ausländische Militärintervention ab.

Ob Konflikt oder Bürgerkrieg ist für die Opfer der Kämpfe unerhebllich. Bild: dapd

BEIRUT/BERLIN/SYDNEY afp/dpa | Kämpfer der syrischen Opposition haben sich am Mittwoch aus der von den Regierungstruppen umstellten Region Al-Haffe nahe der Grenze zur Türkei zurückgezogen. Wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, zogen sich die Kämpfer der Freien Syrischen Armee in der Nacht zum Mittwoch aus den Ortschaften Zankufa, Dafil und Bakas zurück.

Die Gegend in der Provinz Latakia steht seit vergangener Woche unter starkem Beschuss der Regierungstruppen, am Dienstag wurden laut Beobachtungsstelle drei Zivilisten getötet und dutzende verletzt.

Die Stadt Homs stand seit Mittwochmorgen erneut unter Beschuss der Regierungstruppen, wie die Beobachtungsstelle mitteilte. Demnach feuerten die Soldaten von Staatschef Baschar al-Assad dutzende Granaten auf das Stadtviertel Chalidie. In mehreren Viertel gab es demnach heftige Kämpfe zwischen Regierungssoldaten und Aufständischen. Mehrere Soldaten sowie ein Aufständischer seien getötet worden.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach sich gegen eine ausländische Militärintervention in Syrien aus. Diese wäre „nicht der richtige Weg für Syrien“ sagte Rasmussen am Mittwoch in der australischen Hauptstadt Canberra. Es gebe derzeit keine entsprechenden Pläne. Der Däne verurteilte das Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte und deren „Unterdrückung von Zivilisten“ als „skandalös“. Es gebe „keinen Zweifel, dass das syrische Regime für Verletzungen des Völkerrechts verantwortlich ist“.

Konflikt oder Bürgerkrieg

Bürgerkriege sind bewaffnete Konflikte innerhalb eines Staates. Dabei kämpfen mehrere inländische Gruppen um die Herrschaft, häufig unter Einmischung ausländischer Mächte. Es geht meist um die Vorherrschaft in einem Territorium oder dessen Unabhängigkeit. Ursachen für Bürgerkriege können politische, soziale, ethnische oder religiöse Konflikte sein.

In Syrien ist mit Blick auf die jüngsten Massaker bereits von einem Bürgerkrieg die Rede gewesen. Auch der oberste UN-Friedenshüter, Untergeneralsekretär Herve Ladsous, spricht jetzt von einem Bürgerkrieg. Das Ausmaß der Gewalt habe so massiv zugenommen, dass sich damit auch die Natur der Kämpfe verändert habe.

Zweifelhaft ist aber, ob die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt sind: Betroffen sind bisher nur einzelne Regionen in Syrien. Einen umfassenden Konflikt unter den verschiedenen Religionsgruppen gibt es bislang nicht. Nur wenige Christen stehen beispielsweise aufseiten der Opposition. Unter den Kurden gibt es Anhänger wie Gegner des Regimes.

Völkerrechtlich betrachtet gilt ein Bürgerkrieg nicht als Krieg im ursprünglichen Sinn, sondern als innere Angelegenheit eines Staates. Artikel 3 der Genfer Konventionen von 1949 und die Zusatzprotokolle von 1977 stellen aber Minimalanforderungen an die Beteiligten - wie etwa das Verbot von Folter.

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6 Kommentare

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  • W
    Wolfgm

    Newsletter vom 19.06.2012 - Schmuggelkontrolleure

     

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) - Ein beträchtlicher Teil des

    Waffenschmuggels an die Aufständischen in Syrien vollzieht sich unter

    den Augen der deutschen Marine. Dies geht aus einer Vielzahl aktueller

    Berichte hervor. Demnach werden syrische Rebellenmilizen in großem

    Maßstab auf dem Seewege mit Kriegsmaterial versorgt;

    Hauptumschlagplatz ist die libanesische Hafenstadt Tripoli. Schiffe

    der deutschen Marine kontrollieren die libanesischen Küstengewässer im

    Rahmen der Vereinten Nationen (UNIFIL) - offiziell mit dem Ziel,

    Waffenschmuggel zu unterbinden. Die Einheiten, denen am gestrigen

    Montag der Berliner Verteidigungsminister einen Besuch abstattete,

    errichten zudem in Tripoli, einem Drehkreuz auch für salafistische

    Kämpfer vom Hindukusch, eine Radaranlage zur Küstenkontrolle. Laut

    renommierten Journalisten haben die Waffenlieferungen an die Rebellen

    seit dem Waffenstillstand im April Rekordhöhe erreicht. Mit den Waffen

    kontrollieren die aufständischen Milizen mittlerweile ein umfassendes

    Gebiet in Syrien, das sie als Rückzugsort nutzen und in dem sie einen

    "Parallelstaat" unterhalten. Große Teile der innersyrischen Opposition

    lehnen die militärischen Operationen der oft islamistisch orientierten

    Aufständischen ab, da sie die Eskalation konfessioneller Gewalt

    fürchten. Das Massaker von Hula bekräftigt ihre Sorge.

     

    mehr

    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58352

     

     

    Das wird wohl näher an der Wahrheit liegen

    mfg

    wolfgm

  • JB
    Jürgen Binder

    Wenn ich Kriegspropaganda lesen will, hole ich mir bestimmt die Bildzeitung und nicht die taz. Euer Blatt ist wirklich und wahrhaftig auf den Hund gekommen. Weiß doch selbst jeder FAZ-Leser zu berichten, dass die Massaker in Wirklichkeit von den sunnitischen Rebellen verübt worden sind. Dies ist auch durch Augenzeugenberichte längst belegt. Und den Aussagen der UN-Beobachter hingegen, liegen nur Gespräche mit diesen sunnitischen Rebellen zugrunde. Auch dies kann man in der FAZ vom 13.06 nachlesen.

     

    Auch müsste der Redaktion der taz längst bekannt sein, dass dieses "Menschenrechtsbüro" mit Sitz in London keine seriöse Nachrichtenquelle ist. Übernimmt die taz eigentlich immer ihre Nachrichten ungeprüft? - Oder wollen sie durch ihre einseitige Berichterstattung über diesen Bürgerkrieg erreichen, dass die Bundesrepublik Deutschland doch noch ihre Entscheidung revidiert, und sich an diesem Angriffskrieg beteiligt?

     

    Dann kann ich nur noch folgendes Fazit daraus ziehen: Diese "linke" Tageszeitung hat ihre Existenzberechtigung längst verloren und eingebüßt!

  • T
    toddi

    Missbrauch von Kindern- Titelfoto zur Meinungsbildung.

    Die vierjährige politisch interessierte Aisha kommt ihrem lange gehegten Wunsch nach, vor einer Kamera ihren politisch- religiösen Standpunkt zu verdeutlichen.

    Die verständnisvollen sunnitischen Eltern (aus Respekt vor der (politischen) Meinung ihres Sprösslings dezent hinter dem Plakat verborgen)zeigen sich in diesem Falle sehr verständnisvoll. Haben sie doch in der Zukunft alle Hände voll zu tun, ihre Tochter vor solch weltlichen Gefahren wie (höhere) Bildung, Jungs, Filme, Bücher (außer den einen) ausufernder Eigenständigkeit, sexueller Freiheit zu "beschützen". Dazu werden dem Kinde dann so bewährte Mittel wie Kopftuch (oder bei Bedarf Tschador), Zwangsheirat (mit natürlich mehreren Frauen) und reichlich beten (selbstverständlich getrenntgeschlechtlich), und das „denken anderen überlassen“ und bei Zuwiderhandlungen Prügelstrafe und Steinigung verordnet.

    Da sollte man der Kleinen doch wenigstens im Kindesalter doch mal eine Freude machen und ihren Willen respektieren mit seinem selbst gebastelten Fähnchen (eines nicht existierenden Staates) auf der Straße (zwischen lauter Erwachsenen) spielen lassen und gegen den bösen Onkel Assad „ein Böckchen zu haben“.

    oder sollten Kinder für ihre islamistischen Generatoren etwa nichts weiter sein als ständig erneuerbare humane Ressourcen im Jihad gegen die un-, anders, und intelligenter „gläubigen“ der Welt- so der Herr will ...

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Warum liegt die Arschkarte eigentlich bei der Nato?

    Greifen sie ein ... Völkerrechts verachtende Verbrecher, greifen sie nicht ein ... trotzdem Arschlöcher. Schlachten die ggf. später siegreichen Oppositionellen eventuell Aleviten oder Christen ab ... genau, die Nato wäre schuld.

    Warum sollte sich die Nato einmischen? Geht es der sog. Opposition tatsächlich um Demokratie und Menschenrechte? (In Ägypten hat die demokratische Opposition tatsächlich 2% der Stimmen bekommen.) Glücklich ist, wer dies tatsächlich beurteilen kann und nicht die Situation in sein eigenes Weltbild oder seine Ideologie einpasst.

  • H
    Heuchlerix

    Das ist sicher nicht der plötzlich pazifistischen NATO geschuldet.

    Ich schätze, wenn nicht der "Genosse" Putin unverhohlen den Einsatz russischen Militärs in Syrien angedroht hätte im Falle einer NATO-Intervention, so wäre die NATO sicher auch dort schon "humanitär" aktiv geworden.

     

    Quelle:

    http://www.wsws.org/articles/2012/jun2012/rusy-j12.shtml

     

    vor einem drohenden atomaren Waffengang gegen Russland schreckt man (vorerst) dann doch noch zurück.

  • WJ
    wie jetzt

    ich fühle mich betrogen!

     

    junge welt, neues deutschland und viele der kommentataoren unter den taz artikeln sagen wir seit über einem jahr die nato steht kurz davo syrien anzugreifen und nichts könnte sie davon abhalten.

     

    wie kann das sein das die nato und co sich immer wieder gegen einen angriff aussprechen?