Konflikt in Prenzlauer Berg gelöst: Subkultur darf weitermachen
Der Kellerclub Icon in der Cantianstraße in Prenzlauer Berg bleibt erhalten. Der zuständige Stadtrat gesteht "formale Fehler" ein.
"Das Icon bleibt, wo es ist! Es lebe die Subkultur!" So klingt es, wenn ein Club vor der drohenden Gentrifizierung gerettet wird. "Wir sind nach wie vor im Besitz einer unbefristeten Baugenehmigung und müssen - wider Erwarten - nicht schließen", teilten die Betreiber des Icon am Mittwochnachmittag mit. Ein später Sieg. Denn der Entzug der Konzession war offensichtlich ein bürokratischer Fehler.
Seit mehr als 14 Jahren ist der Club in Prenzlauer Berg Anlaufstelle für Drum-and-Bass-Fans. Szenegrößen wie Goldie und Doc Scott haben in dem Kellerschuppen in der Cantianstraße aufgelebt. Doch im August dieses Jahres war dem Club überraschend vom Bezirk die Baugenehmigung entzogen worden. Ein neuer Anwohner habe sich über Besucher beschwert, die sich spätabends vor dem Eingang des Clubs aufhielten, erzählte die Betreiberin Pamela Schobeß der taz im Sommer, kurz nachdem die Konzession entzogen wurde. Der Nachbar, ein Anwalt, habe mit einer einstweiligen Verfügung gedroht.
Von offizieller Seite klang das so: Wegen der heranrückenden Bebauung sei die ursprünglich erteilte Genehmigung baurechtlich nicht mehr gegeben - so das Bezirksamt. Tatsächlich war direkt über dem Eingang ein Neubau mit Wohnungen errichtet worden. Ein Sachbearbeiter hatte daraufhin die Schließung des Clubs angeordnet.
Damit schien dem Icon dasselbe Schicksal zu drohen wie anderen Musikläden, etwa dem Knaack Club, die von den Beschwerden lärmgeplagter Anwohner aus Prenzlauer Berg vertrieben werden. Um den Club doch noch zu retten, bat das Icon um die Unterstützung seiner Besucher. Facebook-Gruppen wurden gegründet, Unterschriften gesammelt. Mit Erfolg, wie sich nun gezeigt hat.
Die Entscheidung des Sachbearbeiters wurde vom Bezirksamt Pankow rückgängig gemacht. Der Widerruf sei nicht fristgerecht erfolgt und damit ungültig, heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch. Der Betrieb des Icon-Clubs sei damit über das Jahresende 2010 hinaus baurechtlich weiter zulässig.
"Das Thema ist vom Tisch", hofft der zuständige Baustadtrat Michail Nelken (Linke). Er gab "formale Fehler" des Amts zu.
ALEXANDRA ROJKOV
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!