Kompromiss beim „Spiegel“: „Der Bild-Mann ist das Problem!“
Der umstrittene Neuzugang Nikolaus Blome wird nicht stellvertretender Chefredakteur. Nun stellt sich die „Spiegel“- Mitarbeiter KG hinter den neuen Chef Büchner.
HAMBURG dpa | Der Streit in der Spiegel-Redaktion um den Wechsel des Bild-Vizes Nikolaus Blome zu dem Nachrichtenmagazin ist nach dpa-Informationen entschärft. Demnach wollen sich die Spiegel-Mehrheitsgesellschafter - die Mitarbeiter KG - nicht mehr gegen den Wechsel Blomes stellen, wie es am Mittwoch aus Kreisen des Blattes hieß.
Der künftige Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner hatte zuvor als Kompromiss angekündigt, Blome nicht mehr wie ursprünglich von ihm geplant zum stellvertretenden Chefredakteur zu machen. Stattdessen soll der bisherige Bild-Journalist lediglich Mitglied der Chefredaktion werden. Am Nachmittag informierte die Mitarbeiter KG ihre Teilhaber, dass sie der Lösung zugestimmt habe.
Die Geschäftsführung der Mitarbeiter KG stelle sich hinter Büchner und Spiegel-Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe, zitierten mehrere Teilnehmer übereinstimmend aus der Versammlung. Die Pressestelle des Spiegel-Verlags äußerte sich nicht.
Zugleich zeichnen sich in der Angelegenheit allerdings weitere Konflikte unter den Erben des verstorbenen Spiegel-Gründers Rudolf Augstein ab, die noch mit 24 Prozent am Verlag beteiligt sind. Augstein-Tochter Franziska sprach in einer Erklärung von einem Skandal. Ihr Halbbruder Jakob Augstein, der für die Spiegel-Erben spricht, hatte sich hingegen für Blome ausgesprochen.
Nach dem Kompromiss soll Blome künftig als Mitglied der Chefredaktion das Hauptstadtbüro in Berlin leiten. Dennoch war die Stimmung bei der Versammlung laut Teilnehmern aufgeheizt. Mehrfach fielen kritische Äußerungen wie „Der Bild-Mann ist das Problem.“
Franziska Augstein, eine von vier Erben, erklärte: „Die Entscheidung der Spiegel-Gesellschafter, an dem Springer-Mann Nikolaus Blome festzuhalten, ist eine Katastrophe.“ In einer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Mittwoch vorliegenden Erklärung der Journalistin hieß es weiter: „Anlässlich dieses Skandals erlaube ich mir, auf meinen Vater Rudolf Augstein zu verweisen: Er hätte diese Personalie niemals durchgehen lassen.“
Die 48-Jährige verweist in ihrer Erklärung darauf, dass sich die Ressortleiter des Spiegels gegen Blome ausgesprochen hatten. „Und dies aus guten Gründen: Mit Herrn Blome wurde die NSA-Affäre in der Bild-Zeitung heruntergespielt. Mit Blome ist regierungsnaher Journalismus betrieben worden.“ Blome passe nicht in die Tradition des Spiegels.
Am Nachrichtenmagazin Der Spiegel ist seit 2004 die Mitarbeiter KG mit 50,5 Prozent beteiligt, der Hamburger Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr mit 25,5 Prozent und Erben des Verlagsgründers Rudolf Augstein mit 24 Prozent.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet