Kommunen fehlt das Geld: Verbände fürchten Mini-Zivildienst
Ausfälle durch Verkürzung des Zivildienstes sind nach Ansicht von Verbänden nicht kompensierbar: Angesichts der dramatischen Finanzlage fehle den Kommunen dazu schlicht das Geld.
BERLIN taz/epd/dpa | Wohlfahrtsverbände und Organisationen warnen vor den Auswirkungen der geplanten Verkürzung der Wehrdienstzeit von neun auf sechs Monate. Eine Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sagte: "Die einzelnen Rot-Kreuz-Verbände müssen sich überlegen, ob sich der Einsatz von Zivildienstleistenden nach einer Verkürzung noch lohnt."
Die Vorsitzende des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, sagte der taz, ohne Zivis werde für ältere Menschen in Zukunft die Zeit für "ein ausführliches Gespräch" fehlen (taz berichtete). Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund lehnt die geplante Verkürzung des Wehr- und Zivildienstes von neun auf sechs Monate ab. "Das ist das falsche Signal", sagte Uwe Lübking, Sozialexperte des Kommunalverbandes.
Die Stellen, die dadurch beispielsweise bei den Rettungs- und Betreuungsdiensten wegfielen, würden die Städte und Gemeinden nicht kompensieren. Angesichts der dramatischen Finanzlage fehle den Gemeinden dazu schlicht das Geld, sagte Lübking.
Lübking sprach sich stattdessen für eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate aus. Als Anreiz für Zivildienstleistende könnte beispielsweise eine Anerkennung des Dienstes bei der Ausbildung dienen. Der Sozialexperte appellierte zudem an die Bundesregierung, das beim Wehr- und Zivildienst eingesparte Geld für den Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres einzusetzen.
Beim Malteser Hilfsdienst und bei der Johanniter-Unfall-Hilfe sind Zivis im Rettungsdienst jetzt schon die Ausnahme. Diese Arbeit sei für Zivildienstleistende zu "komplex". Die jungen Männer arbeiten dort vor allem in der Pflege und Betreuung alter und behinderter Menschen.
In diesen Bereichen sehen die Verbände auch weiterhin eine Zukunft für den Zivildienst. "Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, einen theatralischen Ausstieg zu planen", sagte die Sprecherin der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Karin Deckenbach.
Die AWO drängt nun wie andere Verbände auf eine Stärkung der freiwilliger Sozialdienste. Deckenbach forderte, junge Männer und Frauen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) leisten, genauso zu bezahlen wie Zivis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag