Kommmentar zur Griechenland-Krise: Griechenlands Rettung ist gescheitert
Eine Umschuldung ist in Griechenland nicht mehr zu vermeiden. Fasst man es jedoch falsch an, könnte es zu einer Panik kommen. Die Folgen wären unabsehbar.
S age niemand, er habe es nicht kommen sehen. Sage niemand, Griechenland sei auf gutem Kurs und der EU-Plan zur Überwindung der Schuldenkrise zeitige Wirkung. Das Gegenteil ist der Fall. Spätestens seit der hektisch einberufenen Krisensitzung der Euro-Finanzminister in Luxemburg ist klar, dass eine Umschuldung in Griechenland nicht mehr zu vermeiden ist. Die einseitig auf Sparen und Kürzen ausgerichtete EU-Strategie ist gescheitert.
Dass es schlecht steht um Griechenland, war eigentlich schon Anfang März klar. Damals gewährten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen der Regierung in Athen günstigere Zinsen für die Kredite, die Griechenland vor dem Staatsbankrott retten sollen. Zudem wurde die Rückzahlung zeitlich gestreckt - ein klares Zeichen dafür, dass das hoch verschuldete Land überfordert war.
Natürlich wusste man auch in Berlin, dass die von Deutschland verordnete Rosskur mit radikalen Budgetkürzungen, massiven Privatisierungen und abschreckend hohen Zinsen nicht nur nicht anschlug, sondern die Krise noch verschärfte. Doch Merkel und ihr Finanzminister Schäuble verlegten sich aufs Leugnen. Die Schuldenkrise sei überwunden, verkündete Merkel beim letzten EU-Gipfel. Es gebe keine Pläne für eine Umschuldung, behauptete Schäuble, während sein Ministerium schon mögliche Szenarien durchspielte. Aus Angst vor dem ängstlichen deutschen Michel setzten Merkel und Schäuble ihren falschen Kurs fort - mit fatalen Folgen, wie sich zeigt.
ist Autor der taz und berichtet aus Brüssel.
Denn jetzt, da die Katze aus dem Sack ist, gibt es keine guten Alternativen mehr. Der Austritt aus dem Euro, über den neuerdings spekuliert wird, wäre ein Desaster für Griechenland und für Europa. Ein neuer "Wirtschaftsplan", den Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ins Gespräch brachte, führt nach Lage der Dinge nur zu neuen Härten. Bleibt eigentlich nur die Umschuldung, über die Experten seit Wochen diskutieren.
Wird diese richtig gemacht, etwa durch einen von der EU garantierten Anleihentausch, könnte sich das als kleinstes Übel erweisen. Fasst man es allerdings falsch an, könnte es zu einer Panik kommen. Die Folgen wären unabsehbar, ein zweites "Lehman Brothers" ließe sich nicht völlig ausschließen. Das wollen die EU-Granden um jeden Preis verhindern. Doch durch Leugnen und Warten schüren sie nur neue Ängste - ein Teufelskreis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär