■ Kommentare: Gerechter Kompromiß
Wenn Politiker nicht mehr weiterwissen, setzen sie, schon um einen Rest an Handlungsfähigkeit zu beweisen, eine Kommission ein. Deren Ergebnisse dienen ihnen im Regelfall dazu, gestärkt durch die höheren Weihen des Expertenurteils, ihre schon vorgefaßte Meinung um so unverfrorener zu vertreten. Auch der Denkmalkommission drohte dieses Schicksal. Eingesetzt wurde sie, als die Kontroverse um das Lenin-Denkmal diesen bereits Kopf und Kragen gekostet hatte und die Debatte nur noch um die denkmalgeschützten Bereiche der jeweiligen Stammtische kreiste. Der Grabenkampf wurde mit bewährtem ideologischen Rüstzeug im Dunst eines ost-westlichen Befindlichkeitsnebels auf Stammtischniveau ausgetragen.
Die Einsetzung einer Kommission durch den Kultursenator mußte folglich Argwohn wecken. Der Umweltsenator funkte ihm dazwischen, indem er vier „seiner“ Leute in das Gremium entsandte. Roloff-Momin war nicht begeistert. Doch mittlerweile dürfte er froh darüber sein, denn durch diese Zusammensetzung war der Kommission der Weg zum Elfenbeinturm versperrt, sie war gezwungen, die notwendige politische Kontroverse in ihren eigenen Reihen auszutragen. Darin liegt die Qualität ihres Ergebnisses. Daß beispielsweise ein Siegmar Faust für den Abriß des Marx-Engels- Ensembles votierte, und, obwohl er unterlag, das Ergebnis mitträgt, macht die Beurteilung der Kommission weitgehend unanfechtbar. Man kann nicht und man muß auch nicht in allen Einzelbewertungen mit dem Gremium übereinstimmen, doch ist sein Votum als Ganzes wegen seines ausgefeilten Kompromißcharakters alternativlos. Dieter Rulff
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