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Kommentare, Playlists, VerlinkungenYouTube als soziales Netzwerk

Auf YouTube kann man Videoclips anschauen - das Herz der Seite schlägt allerdings außerhalb der reinen Abspielstation. Diverse Szenen nutzen das Portal, um sich multimedial zu vernetzen.

Hat eine Affinität zum Netz: Talkmasterin Oprah Winfrey weiß mittlerweile, wie sie die YouTube-Gemeinde rumkriegt. Bild: ap/harpo productions

Als die populäre US-Talkshow-Dame Oprah Winfrey 2007 beschloss, groß bei YouTube einzusteigen und einen eigenen Kanal zu eröffnen, war der Medienrummel enorm: Ein Fernsehstar direkt auf der populären Video-Plattform, das konnte doch nur ein Gewinner sein. Allerdings wurde erstaunlich schnell klar, dass das Gegenteil der Fall war: Oprah wurde zwar auf der viel geklickten Homepage beworben und anfangs auch viel gesehen, doch die Community war nur wenig begeistert.

Der Grund: Die meist aalglatt produzierten Beiträge wirkten wie Fernsehwerbung und fielen damit voll aus dem Rahmen. Inzwischen erreicht die Promitalkerin im Vergleich zu ihren Millionenquoten im TV mal eben YouTube-Abrufzahlen im Tausender- bis Zehnttausenderbereich - letzteres aber mit schöner Regelmäßigkeit immer nur dann, wenn sie wirklich einmal etwas "Privates" ins Netz stellen lässt wie etwa einen Ausflug mit der verwackelten Handy-Kamera in ihr Büro.

Das Beispiel zeigt, dass YouTube seine ganz eigene Welt darstellt, die selbst von riesigen Medienmarken nicht leicht zu knacken ist - und vor allem viel mehr als nur ein reiner Abladehaufen für Videos ist. Was von außen wie eine schlichte Abspielstation wirkt und so von vielen Nutzern Hunderte Millionen Mal am Tag auch verwendet wird, ist unter der Oberfläche eine echte Gemeinschaft geworden, die aus zahllosen Szenen besteht.

Die "YouTuber" vernetzen sich untereinander über eigene Kanäle, das Kommentarsystem und echte Multimedia-Dialoge. Jeder Film kann sofort wieder beantwortet werden. Ist im Laptop eine Kamera eingebaut, wie das bei modernen Geräten immer häufiger der Fall ist, reichen dafür drei, vier Mausklicks, schon ist die Botschaft wieder online, aufgezeichnet wird im Web.

Besonders viel gesehene YouTube-Mitglieder geben Stellungnahmen zu aktuellen Themen ab, die die Community beschäftigen. So entstehen Diskussionsketten, die tatsächlich zu Ergebnissen führen, Streits schlichten oder Kreativprojekte anstoßen. Unter anderen YouTubern finden Wettbewerbe statt. So gibt es regelmäßige Fights zwischen atheistischen und religiösen Gruppierungen.

Die Atheisten, durchaus humorvoller als ihre Konkurrenz, haben es sich dabei zur Aufgabe gemacht, die Gläubigen ins Lächerliche zu ziehen. Getan wird dies natürlich mit den Filmen der anderen: Kürzlich gab es einen virtuellen Preis für den humorvollsten Umschnitt. Das Glaubensbekenntnis eines Teenagers aus dem Süden der USA musste dabei dran glauben.

Musikvideos spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Für manchen Nutzer ersetzt YouTube längst Radio und MTV. In langen Abspiellisten (Playlists) kann man seinem gewünschten Musikgeschmack frönen, will man zwischendurch schnell etwas ganz Bestimmtes, ist der Clip per Suche schnell gefunden. (Falls ihn nicht die Plattenindustrie, wie zuletzt häufiger geschehen, aus Rechtegründen heruntergenommen hat.)

Die Playlists spielen aber auch aus anderen Gründen eine wichtige Rolle: Sie sind eine Art Kitt, der YouTube zusammenhält. Mit den Zusammenstellungen kann man sich die coolsten Tierclips gleich in Reihe ansehen, YouTube wird zur Dauerberieselung.

Nicht nur Oprah scheint die Struktur des YouTube-Netzwerks derweil nicht ganz zu verstehen. Besonders Parteien und Firmen machen klassische Einsteigerfehler. So schalten sie von vorne herein bei den YouTubern beliebte Funktionen wie Kommentare und Einbettung in andere Websites ab - ersteres aus Angst vor all zu harscher öffentlicher Kritik, zweiteres, weil sie sich fürchten, dass ihre Inhalte irgendwo unkontrollierbar im Web auftauchen und dort übel behandelt werden könnten.

Dabei begibt man sich schon mit dem ersten eingestellten Video in einen Dialog. Wer das nicht versteht, hat schon verloren, sagen Experten. Die winzigen Abrufzahlen, die schlecht und unpassend produzierte Politikervideos erhalten, sprechen eine deutliche Sprache - und sehen kann sie jeder. (Als die FDP Thüringen im Vorwahlkampf ein verwackeltes Video von ihrem Landesparteitag ins Netz stellte, hatte es nach einem Monat ganze 156 Abrufe.)

Dass es ohne funktionierende YouTube-Präsenz eigentlich nicht mehr geht, zeigen schon die Zahlen. Die Google-Tochter dominiert den Videobereich im Netz quasi total, besonders deutlich im US-Heimatmarkt. 2008 errechnete das Web-Marktforschungsunternehmen Hitwise einen Marktanteil von satten 73,18 Prozent bei den Clip-Portalen im Web

MySpace TV, das aufstrebende Videoangebot des vom Medienkonzern Fox betriebenen Social Networking-Riesen, der ebenfalls Teenies als eine seiner Hauptzielgruppen hat, lag mit schlappen 9 Prozent weit abgeschlagen dahinter.

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