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■ Kommentare Drei Italiener über die D-Mark-Hegemonie in EuropaProtektionismus

Deutschland hat seit geraumer Zeit begriffen, daß man Hegemonie in einer postindustriellen Gesellschaft nicht mehr mit Waffen, auch nicht mehr mit Hilfe der Kultur erobert, sondern mit der Wirtschaftskraft und der Stärke seiner Währung. Eine effiziente Verwaltung, eine hohe Produktivität, eine Mischung von Bankwesen und Industrie nach japanischem Vorbild, stark ins System integrierte Gewerkschaften, die trotzdem noch eine Rolle spielen – das sind die Eckpfeiler der deutschen Macht.

Doch ist dieses System auch offen für Beziehungen nach außen? Und für Investitionen von draußen? Ich würde sagen nein. Das Kapital, das da periodisch nach Deutschland hineinströmt, bezieht sich fast durchweg auf Bundesschatzbriefe, auf Anleihen der Länder und auf Schuldverschreibungen von Banken. Doch immer wenn nichtdeutsche Unternehmen Fuß zu fassen versuchten, errichteten die Banken und staatlichen Stellen Barrieren gegen die auswärtigen Konkurrenten. Wie in Japan ist ausländisches Kapital in Deutschland nur dann wohlgelitten, wenn es sich auf den Kauf von Anteilsscheinen beschränkt.

Nach der deutschen Vereinigung, dem Fall des Ostblocks, dem Zerfall Jugoslawiens ist Großdeutschland bereits wieder zu einer imperialen Macht geworden. Das Ostreich wurde abgelöst vom Reich des Zentrums Europas, um das herum alte und neue Staaten kreisen. Das Zentralreich braucht viel Kapital und viel unternehmerischen, administrativen, politischen Einsatz. Dieses Reich ist gottlob friedlich und demokratisch. Will sich der Rest Europas darum herumgruppieren?

Die Antwort könnte ja sein. Aber man muß sich im klaren darüber sein, daß es sich nicht mehr um ein gemeinschaftliches Europa handelt, sondern um ein von Deutschland geführtes, das nach deutschen Bedürfnissen geleitet und das auch von der deutschen Führungselite beherrscht wird. Eugenio Scalfaro

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