Kommentar: Rot-Rote Schönfärberei
Der Bau des Großflughafens muss neu ausgeschrieben werden. Das wird die Fertigstellung verzögern - auch wenn der Senat das nicht so sehen will.
Es hätte ein Erfolg für Klaus Wowereit werden können. In der Sache ist die Entscheidung, den Terminalbau des Großflughafens Berlin-Brandenburg International neu auszuschreiben, richtig: Bund und Länder können sich nicht von wenigen Großfirmen erpressen lassen, die dramatisch überhöhte Preise fordern. Frechheit darf nicht siegen, wenn es um Milliarden Euro Steuergeld geht - und die Stückelung in kleine Lose wird den Kreis der profitierenden Unternehmen erweitern. Dennoch hat sich der Regierungschef bei dem Thema ohne Not angreifbar gemacht.
Seine Beteuerung, der Airport werde trotz Neuausschreibung pünktlich 2011 öffnen, ist Zweckoptimismus. Und die Fakten sprechen gegen dieses Versprechen. Beim Bau des Terminals, das Herz des Flughafens ist, heißt es nun: Alles zurück auf Los! Die Ausschreibung, ein langwieriges mehrstufiges Verfahren, muss konzipiert, die Angebote müssen nach vorgeschriebenen Fristen geprüft werden. Eine mehrjährige Verspätung ist mehr als wahrscheinlich.
Dieser Umstand, den Wowereit verschweigt, fügt der langen Reihe von Pannen in der Flughafenplanung eine weitere hinzu. Dabei sind weniger die ökonomischen Wettbewerbsnachteile entscheidend, die nun die Airlines ins Feld führen. Drehkreuze wie Frankfurt oder München haben längst ihre Claims auf dem Markt abgesteckt, Berlin-Brandenburg International (BBI) bleibt sowieso nur die Rolle des Möchtegernplayers, egal ob der Flughafen nun im Jahr 2011, 2013 oder 2015 öffnet.
Das wahre Problem der Verzögerung bleibt mal wieder an den BerlinerInnen hängen. Denn solange BBI nicht öffnet, bleibt Tegel am Netz - mit all den Belastungen für Hunderttausende. Es wäre ehrlicher von Wowereit gewesen, diese Gefahr offen anzusprechen. Er hat sich für Schönfärberei entschieden. Schon bald könnte er deshalb als Regierungschef dastehen, der sich in der Chefsache Flughafen peinlich verschätzt hat.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben