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KommentarDer Druck auf den Würfel wächst

Die geplante temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz gilt plötzlich als glitzerndes Instrument fürs Hauptstadtmarketing. Dabei soll der White Cube vor allem zeitgenössische Kunst zeigen.

Berlin braucht eine Halle für zeitgenössische Kunst. Darin ist man sich schon länger einig. Nun ist man dem ersehnten Ziel gleich zwei Schritte nähergekommen. Mit der temporären Kunsthalle, die demnächst auf der Schlossfreiheit errichtet werden soll. Und mit dem neuen Bündnis "Berlin im Licht der Kunst", in dem sich Galerien, Museen und Mäzene mit Stadtmarketing und Politik zusammenschließen. Vereint wollen die InitiatorInnen die Kunst zum hauptstädtischen Standortfaktor erheben. Der temporäre "White Cube" auf dem Schlossplatz soll das Aushängeschild sein.

So erfreulich es ist, dass der langen Kunsthallendebatte nun Taten folgen, so problematisch ist die geballte Erwartungsladung für den weißen Würfel. Das Projekt, das etwa zwei Jahre lang die historische Mitte Berlins bespielen soll, war bisher eine Übergangslösung. Ein flüchtiger, privater Testballon für eine feste, staatliche Kunsthalle.

Doch nun, da sich auch das Tourismusmarketing auf die bildende Kunst geworfen hat, wird der Textilkubus plötzlich zum Über-Würfel, zum "Glitzerding", gar zum "Polarstern". Auf den White-Cube-Kuratorinnen und ihrem wissenschaftlichen Beirat lastet ein enormer Druck: Zwei Jahre lang sollen sie nicht nur junge, aufregende Kunst präsentieren, sondern auch ein Touristenmagnet mit hauptstadtwürdigem Glamourfaktor werden.

Doch wie hell der Würfel auch immer strahlen mag: Eine langfristige Lösung ist er nicht. Das neue Kunstbündnis sollte seine Kraft darum auch nutzen, um an die Zeit danach zu denken. Wenn der Polarstern weg ist, braucht Berlins Kunsthimmel weiterhin einen Fixpunkt. Und zwar einen, der nicht verglüht, sondern am Berliner Firmament bleibt.

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