Kommentar: Zivilgesellschaft ist nicht umsonst
Nach bürgerschaftlichem Engagement rufen viele. Was aber passiert, wenn sich BürgerInnen tatsächlich ein Herz fassen?
Zivilgesellschaft, Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement - danach rufen ist zu wenig. Nein, die Menschen sollen sich aufraffen, sollen zeigen, dass sie bereit sind, Verantwortung zu tragen für die Gemeinschaft. Nur so ist Isolation, Gewalt, Zukunftslosigkeit zu begegnen. Was aber passiert, wenn sich BürgerInnen tatsächlich ein Herz fassen?
Jetzt gibt es in Berlin gleich zwei Kieze, in denen Nachbarschaften aktiv sind. Da ist die Initiative, die in Mitte einen Laden verhindern will, der Naziklamotten vertreibt. Und da sind die AnwohnerInnen einer ehemals vermüllten Baubrache in Friedrichshain, die diese seit 2004 in einen Nachbarschaftsgarten verwandelten. Beide Initiativen werden von den Bezirksbürgermeistern mit schönen Worten begrüßt.
In Mitte setzen die AnwohnerInnen ein Zeichen gegen Neonazis, in Friedrichshain ein Zeichen gegen Vereinzelung von Frauen und alten Menschen in der Großstadt, gegen Ignoranz gegenüber Kindern.
Seit Freitag gibt es die innerstädtische Oase in Friedrichshain jedoch nicht mehr. Sie ist Investoreninteressen zum Opfer gefallen. Und auch in Mitte sieht es nicht gut aus. Obwohl selbst der Vermieter den Laden nicht mehr haben will, sind allen die Hände gebunden. Die Rechte der Unternehmer gehen vor.
Zivilgesellschaft - schön und gut. Aber was bringts, wenn die Interessen der Investoren sie vom Platz fegen können, als wären diese eine Naturgewalt?
Nicht Profit ist die Ultima Ratio einer Gesellschaft. Das Wertvollste, was sie hat, ist zwischenmenschliche Verantwortung. Die muss oberste Priorität haben. Nur dann lernen Unternehmen, dass auch sie soziale Verantwortung tragen. Wie wäre es, wenn der Friedrichshainer Investor einen öffentlichen Dachgarten aufs neue Bauwerk setzen müsste - als zivile Ausgleichsmaßnahme etwa? Schöne Worte der Bürgermeister reichen nicht aus.
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