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KommentarSonntagsruhe ist ein Kulturgut

Die Menschen brauchen eine Pause vom Alltag und von der Arbeit. Und zwar möglichst zusammen. Zum Beispiel sonntags. Darum sollte an diesem Tag auch nicht gearbeitet werden.

Sonntagsöffnung soll rechtens sein

Nach neuen Rechtsgutachten der Einzelhandelsverbände widerspricht das Ladenöffnungsgesetz nicht dem Sonntagsschutz. Es gebe keine verfassungsrechtlichen Bedenken, sagte der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, gestern. Der HDE und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG) hätten zwei Gutachten beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die zu den gleichen Ergebnissen kämen. Das Ladenöffnungsgesetz, das eine Öffnung der Geschäfte an bis zu zehn Sonntagen im Jahr gestattet, sei verfassungskonform, sagte Pellengahr. Es habe diese Tradition bereits in den Fünfzigerjahren gegeben. Da die Läden an 42 Sonntagen geschlossen blieben, werde der Sonntagsschutz nicht ausgehöhlt. "Der Einzelhandel braucht die Öffnung am Sonntag", argumentierte Pellengahr. Gegen die Sonntagsöffnung hatten im November 2007 die beiden großen Kirchen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Berliner Ladenöffnungsgesetz stehe nicht in Konflikt mit dem "berechtigten kirchlichen Anliegen des Sonntagsschutzes", so Pellengahr. EPD

Die Öffnung der Geschäfte in Berlin an zehn Sonntagen im Jahr verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Das hat sich der Einzelhandelsverband durch zwei juristische Gutachten bestätigen lassen. Diese Neuigkeit mag nur wenig überraschen. Denn die Verbreitung dieser Sichtweise ist die Aufgabe eines solchen Verbands. Genauso, wie es selbstverständlich ist, dass die Kirchen gegen verkaufsoffene Sonntage klagen - ebenfalls unter Berufung auf das Grundgesetz. Doch der Streit um den Sonntag ist keinesfalls bloß ein Zwist zwischen Kirchen und Händler. Er berührt eine Grundstruktur unserer Kultur.

Wäre der Sonntag eine Erfindung des Christentums, könnte man tatsächlich behaupten, dass er in einer säkularisierten Stadt wie Berlin kein absoluter Maßstab mehr sein kann. Doch die Siebentagewoche bestimmt nicht nur das Leben der Christen. Auch Judentum und Islam bauen ihre Kalender auf dem Siebener-Rhythmus auf. Die Ursprünge der heute weltweit vorherrschenden Wochenlänge gehen gar auf die Babylonier zurück.

Die Taktung der endlosen Zeit dient dem Menschen folglich schon seit mehreren Jahrtausenden der Orientierung - und der Regelung von Auszeiten. Die mag man, wie die Kirchen, Zeit der Muße und Besinnung nennen. Oder etwas profaner: Pause.

Pausen aber dienen nicht nur der Erholung von der letzten und für die nächste Arbeit. Sie sind auch Momente der Begegnung und des Austauschs. Daher ist es unumgänglich, dass möglichst viele Menschen gleichzeitig freihaben. Zum Beispiel sonntags. Zehn Ausnahmen davon sind eindeutig zu viel.

Seit der Liberalisierung des Ladenschlusses können die Händler von Montag bis Samstag rund um die Uhr ihre Konsumtempel öffnen. Das müsste reichen. Am siebten Tage aber sollte Berlin ruhen. Möglichst 52-mal im Jahr.

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