piwik no script img

KommentarAm falschesten Ende gespart

Montgomery und "tip"

Der Schlankheitswahn von David Montgomery macht krank. Nach der Berliner Zeitung und der Hamburger Morgenpost wird nun auch beim Berliner Stadtmagazin tip erneut gespart.

Als der britische Investor Montgomery 2005 mit seinem Mecom-Konzern und mithilfe von Finanzinvestoren in den deutschen Medienmarkt einstieg, hatte die Belegschaft der Medien, die er erwarb, geahnt, was ihr drohte: hohe Renditeforderungen, Sparrunden, Personalabbau. Sie ging auf die Straße. Drei Jahre später haben sich alle Befürchtungen bestätigt. Bei der Berliner Zeitung setzte ein Exodus qualifizierter Redakteure ein, die bei einer immer nur aufs Neue gemolkenen Zeitung, an deren Mitarbeiter zugleich immer höhere Anforderungen gestellt werden, keine Zukunft sahen.

Um die Renditewünsche einzuhalten, die aus London als Vorgabe nach Berlin geschickt werden, ist nun das Stadtmagazin tip - vor zwei Jahren ohnehin schon magergespart - an der Reihe: Die Geschäftsführung dürfte, um die Finanzvorgaben einzuhalten, die aus London eintrudeln, wohl keinen anderen Weg sehen, als Stellen abzubauen - und damit Personal, auch wenn man das natürlich nicht so nennt. Stellenabbau klingt nicht so hinterhältig.

David Montgomery, der selbst einmal Journalist war, posaunt regelmäßig in die Welt, wie Medien zu funktionieren haben. Die Wahrheit ist: Er hat offensichtlich keine Ahnung von den alltäglichen Abläufen im Beruf. Er nennt sein Handeln Verschlankung. Seine Kritiker, die ihn freudlos Rommel nennen - nach dem Kriegsgegner des britischen Generals Montgomery, bezeichnen es Sparen an der falschesten Stelle: am Kostenfaktor Mensch.

Der Schlankheitswahn von Montgomery wird seine Berliner Medien vielleicht nicht ruinieren. Ein kaputtes Unternehmen ist schließlich ein Unternehmen, das man nicht melken kann. Aber er macht krank: Unter Sparrunden wie der beim tip angekündigten leidet zwangsläufig die Qualität. Das kann nicht einmal in Montgomerys Sinn sein. Sollte man meinen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!