Kommentar: Armutszeugnis für Integrationspolitik
Eine Studie zeigt: Ganze Generationen von Migranten werden sich selbst überlassen.
Dumm bleibt dumm, und arm bleibt arm - vor allem in Berlin. Das ist, polemisch gefasst, das Fazit einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das Brisante an der Erkenntnis: Dumm bleibt dumm, und arm bleibt arm, gilt in Berlin vor allem für Leute, die einen sogenannten Migrationshintergrund haben.
Gut an der Studie des DIW ist, dass nicht nur Ausländer erfasst werden, sondern auch Leute mit deutschem Pass, die einst aus dem Ausland kamen - oder deren Eltern. Gut ist auch, dass die Studie mit schlechten Erkenntnissen nicht hinterm Berg hält: Ein Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund ist erwerbslos. Bei Leuten, die einen Bezug zur Türkei haben, sind es gar 44 Prozent, was mit ihrer Herkunft aus bildungsfernen Schichten erklärt wird. Denn diese suchten vor allem niedrig qualifizierte Jobs. Davon gibt es im strukturschwachen Berlin zu wenig.
Diese Zahlen sind für Berlin ein Desaster. Sie zeigen: Hier werden ganze Generationen sich selbst überlassen. Und sie weisen ungeschminkt auf die viel zu lange vernachlässigte Integrationspolitik in der Stadt hin.
Bildung ist das A und O für Menschen in einem neuen Land. Nur: In Berlin wurden die eingewanderten Familien bei ihren Bildungsbemühungen jahrzehntelang allein gelassen. Und werden es immer noch.
Wo die Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder während der Schule an die Hand zu nehmen, müssten es Mentoren tun. Jedem Kind einen Bildungspaten, so könnte die Forderung lauten. Die Politik müsste das durchsetzen. Finanzieren könnte es die Wirtschaft, denn sie befürchtet einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Wie man die Wirtschaft in die Verantwortung nehmen kann, darüber allerdings verliert der DIW-Bericht kein Wort.
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