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■ KommentarDer Nagel zum Sarg

Die Gewerkschaften geben sich alle Mühe, ihre Basis gegen Bonner Lohnraub- und Sozialabbau-Pläne zu mobilisieren. Mit nur mäßigem Erfolg, wie der gestrige Tag zeigte. Statt der 20.000 TeilnehmerInnen, die für eine eindrucksvolle gewerkschaftliche Manifestation notwendig gewesen wären, kamen gerade mal 2000.

Die Gründe für das gewerkschaftliche Mobilisierungsdebakel mögen vielfältig sein. Eines ist allerdings sicher: Unter anderem bekommen die Gewerkschaften – wie jüngst die Parteien bei der Hamburg-Wahl – die Quittung für ihre entpolitisierende Politik der vergangenen 15 Jahre. Kaum politische innergewerkschaftliche Debatten und Diskussionen über die Zukunft von Arbeit und Gesellschaft und über das Verhältnis der Gewerkschaften zu diesem Staat.

Stattdessen nur Lohnpolitik unter dem Motto: Hauptsache die Knete stimmt – und vielleicht noch ein bißchen mehr Freizeit.

Folge dieser Politik ist jetzt die Verweigerung. Ein guter deutscher Arbeiter oder Angestellter tut nichts Illegales. Und wenn eine Demo in der Arbeitszeit liegt, dann geht man da eben nicht hin. Die Gewerkschaften sind jetzt gefordert, ein lang vermißtes Bewußtsein in ihrer Mitgliedschaft zu schaffen. Sie müssen dem satten Facharbeiter oder Angestellten, der seit 15 Jahren ein Leben mit Zweitwagen, Farbfernseher und Videorecorder, CD-Turm und Teneriffa-Urlaub gewohnt ist, vermitteln, daß es auch ihm ganz schnell an den Kragen gehen kann.

Wenn die Gewerkschaften an diesem Punkt nicht ansetzen, werden sie bald von Bundesregierung und Kapital überrollt, und die Arbeiter und Angestellten merken's erst, wenns zu spät ist. Kai von Appen

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