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■ KommentarKein Fingerspitzengefühl

Die Sozialverwaltung hat in ihrer Kürzungswut wieder einmal mangelndes Fingerspitzengefühl bewiesen: Die in Deutschland einzigartige Beratungsstelle Esra für NS-Verfolgte und deren Kinder soll im nächsten Jahr keinen Pfennig mehr bekommen. Die Stadt könne sich ein solches Projekt nicht mehr leisten, so Staatssekretär Detlef Orwat (CDU). Begründet wird der Wegfall der Zuwendung mit der makabren Aussage, daß der „Teilnehmerkreis“ immer kleiner werde, da die Zeit des Nationalsozialismus ja schon über 50 Jahre zurückliege. Das macht deutlich, wie ignorant die Verwaltung mit einer Gruppe von Menschen umgeht, die erst kürzlich ins öffentliche Bewußtsein gerückt ist: Durch die Hilfe von Esra konnten erstmals Verfolgte, die den Holocaust überlebt haben und bei der Befreiung noch Kinder waren, ihre lang verdrängten Erinnerungen aufarbeiten.

Anscheinend hat der Senat nichts gelernt: Im vergangenen Jahr sollten bereits die Mittel für den Neubau der „Topographie des Terrors“ drastisch gekürzt werden. Erst nach einem öffentlichen Aufschrei ist die Finanzierung dann doch bewilligt worden. Offensichtlich gibt es kein Bewußtsein dafür, wofür bestimmte Projekte stehen und was Kürzungen an ihnen bedeuten: Wie anders war es zu erklären, daß im Masterplan anstelle des Mahnmals an der Levetzowstraße in Moabit ein Neubau vorgesehen war. Anders als bei diesen Projekten geht es bei Esra nicht nur um Erinnerung, sondern um konkrete Hilfe für Opfer des Holocaust. Und um so umverständlicher sind die Kürzungen eines mit 50.000 Mark vergleichsweise lächerlichen Betrages für Esra. Julia Naumann

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