■ Kommentar: Rückkehr ins Dunkel
Nichts wäre dagegen einzuwenden, wenn der Verfassungsschutz verkleinert würde. Genau dies hat das Boeden-Gutachten empfohlen. Auch die furchtbare Welle rassistischer Gewalt mit den rechtsextremen Strippenziehern ändert nichts daran: Um diese Straftaten zu verfolgen, gibt es genügend andere Instrumente. Den Verfassungsschutz nun als probates Mittel gegen Rechts anzusehen, wäre eine groteske Fehleinschätzung. Der Verfassungsschutz bleibt eine überflüssige Behörde. Doch solange es ihn noch gibt, ist es gleichwohl notwendig, gegen den Abbau der Öffentlichkeitsstelle zu protestieren. Sie einzurichten, war doch gerade der Versuch der rot- grünen Koalition, in einer klandestin und mehrfach gegen die Interessen des Dienstherren agierenden Einrichtung zumindest durchsichtige Strukturen zu installieren. Denn nichts fürchten die Herren, die sich im Dunkeln am wohlsten fühlen, mehr als die offene Darlegung, welchen Nutzen ihre Arbeit eigentlich hat. Genau deshalb fangen die Verfassungsschützer mit dem vom Parlament anempfohlenen Stellenabbau nun bei der Öffentlichkeitsarbeit an.
Allein steht der Fall nicht da. Auch die Polizei und der polizeiliche Staatsschutz schotten sich zunehmend gegenüber der Öffentlichkeit ab. Seit Amtsantritt von Polizeipräsident Saberschinsky ist die polizeiliche Pressestelle vor allem Ablehnungsinstanz gegenüber Informationswünschen. Jede Anfrage von Presseorganen nach Gesprächspartnern wird nun direkt in der Chefetage entschieden – sehr oft negativ. Auch der polizeiliche Staatsschutz, deren Leiter viele Jahre lang direkt anzusprechen war, hat einen Maulkorb gegenüber Journalisten erhalten. Immer mehr drängt sich deshalb der Eindruck auf, hier werde jene mühselig erstrittene demokratische Transparenz zurückgenommen, auf welche die Bevölkerung als ideeller Dienstherr einen Anspruch hat. Es ist zu begrüßen, daß der Koalitionspartner SPD sich dem offensichtlich von Innensenator Heckelmann inspirierten Rollback entgegenstemmen will. Gerd Nowakowski
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