■ Kommentar: Eine Tunnel-Trasse für den guten Willen
Wenn die Konjunktur kriselt, wenn in den staatlichen Kassen Ebbe herrscht und strukturelle Veränderungen (wie die Öffnung der europäischen Grenzen nach Osten) die Perspektiven undeutlich werden lassen, dann verändert sich das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik. Staatliche Vorleistungen für Betriebe erscheinen da wie Sachzwänge.
Im Falle des weltweiten Philip-Morris-Konzerns wie im Falle Daimler-Benz-Tunnels geht es eigentlich nur um die Frage, ob Arbeit in Bremen oder ein paar hundert Kilometer anderswo organisiert wird. Kommunen mit 10 Prozent Arbeitslosigkeit können sich der zwingenden Konkurrenz solcher Alternativen aber nicht entziehen. Und so wird es zum Argument in der Wirtschaftspolitik, daß Unternehmensentscheidungen begleitet werden müssen durch demonstrativen „guten Willen“.
Ob das Bremer Mercedes-Werk den vierspurigen Tunnel braucht und ob nicht tausende von Werksangehörigen dazu motiviert werden könnten, auf ihr glitzerndes Status-Symbol bei der täglichen Anfahrt zur Routine-Arbeit zu verzichten zugunsten von ÖPNV, spielt dann keine Rolle mehr.
Stadtpolitik kann abdanken. Klaus Wolschner
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