■ Kommentar: Selbstüberforderung
Alle Jahre wieder ist er plötzlich da: der studentische Protest. Unbeachtet des Gejammers der Professoren über die „schlappe“, „inaktive“ und „desinteressierte“ Studentenschaft geht da plötzlich wieder was. Den Asta-Funktionären paßt der Streik zwar nicht in den Terminplan, gilt es doch in dieser Woche auch die Stupa-Wahlen und die Abstimmung über das Semester-Ticket zu organisieren.
Aber die 2000 Kommilitonen, die sich am Donnerstag im Audimax versammelten, hätte man kaum mit weiteren Resolutionen vertrösten können. Die Aussicht, das Studium in kurzen Regelstudienzeiten von acht, neun Semestern absolvieren zu müssen und bei Nichteinhaltung dieser Frist mit Gebühren und anschließender Zwangsexmatrikulation bestraft zu werden, versetzt die Nachwuchswissenschaftler in Rage. Muß student doch heute schon Lebenskünstler sein, um ohne Bafög neben dem Job auch noch zu studieren.
Doch nun füllen sich die Resolutionen mit allerhand Forderungen: „Wir können nicht nur sagen wogegen, wir müssen auch sagen, wofür wir sind“, ist das Credo des „zeitgemäßen“ studentischen Protests. Die neuen Inhalte sollen noch während der Streikwoche quasi nebenbei entwickelt werden.
Daß dies eine Selbstüberforderung ist, ahnte wohl eine Studentin, die am Donnerstag auf der VV sagte: „Wir streiken solange, bis wir wissen, was wir wollen“.
In Berlin wurden Studiengebühren und „Zwangsex“ (liebevolles Kürzel) nur mit Streiks verhindert. Für Hamburgs Studenten rückt diese Horrorvision durch die Unterschrift Voscheraus unter die „Mainzer Erklärung“ bedrohlich näher. Diese Unterschrift muß weg, danach kann man besser klar denken und meinetwegen auch positive Ziele formulieren.
Kaija Kutter
Siehe Bericht Seite 26
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