■ Kommentar: Sekt und Tränen
Champagner in der Kulturbehörde, Tränen in der Oper? Die Entscheidung für das neue Spitzengremium an der Hamburg Oper polarisiert momentan noch die Gemüter. Und wenn man sich den Verfahrensweg betrachtet, der zu dem fast feindlichen Verhältnis zwischen Oper und Kulturbehörde beigetragen hat, so herrscht sicherlich Anlaß zur Selbstkritik auf beiden Seiten. Mißverständnisse, falscher Glauben in Absprachen und das Gefühl des Orchesters, übergangen zu werden, hätten nicht sein müssen. Eine höreres Maß an Transparenz bei der Kandidatensuche, eine Vermeidung der Brüskierung des Orchesters durch die Mißachtung ihres Mitwirkungsrechtes und eine rechtzeitige Selbstdarstellung der Kandidaten hätte weniger Blut fließen lassen und damit den Anfang für alle erträglicher gemacht. Zuviele Beleidigt-Sein auf der anderen Seite tat aber auch nicht not. Jetzt ist der Ruf der Kultursenatorin Christina Weiss nach dem „Punkt Null“, von dem aus man neu anfangen muß, der einzig gangbare Weg.
Und die Kandidaten? Ingo Metzmacher, der mit dem Orchester intensiv arbeiten will und - trotz gegenteiliger Ansagen des Orchesters - sowohl Fähigkeiten in der alten wie in der neuen Musik mitbringt, ist sicherlich eine Errungenschaft für Hamburg. Sicherlich ist er nicht der bequeme Glanzbeschaffer, der Semyon Bychov gewesen wäre, aber für die Qualiät des Orchesters kann er ein „Glücksfall“ werden. Ob Johannes Schaaf tatsächlich der solide Erneuerer ist, den die Senatorin sich wünscht, kann momentan nur vermutet werden. Schlechtere Kandidaten hätte es sicherlich viele gegeben. Und Albin Hänseroth ist allseitig unumstritten. So gesehen kann der ferne Neuanfang in der Staatsoper, wenn alle Wunden geleckt und vernarbt sind, mit konstruktiver Haltung beider Seiten, sicherlich gelingen. Till Briegleb
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