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■ Was in unseren Parlamenten fehlt vorkommt

Mühsam kurvt eine Rollstuhlfahrerin im Zickzack durch die Parlamentsbänke. Kaum ragt sie über das RednerInnenpult hinaus. Wo sonst ein Kopf sich zum Mikrophon hinbeugt, müßte sich bei einem anderen Schwerbehinderten das Mikrophon zu ihm beugen – es ist festgeschraubt, er ist kaum zu hören. Ein Redner spricht so schnell, daß die Gebärdendolmetscherin nicht mehr mitkommt. Das Behindertenparlament tagt. Und vier Stunden lang haben im Hohen Haus die „Unnormalen“ das Wort.

Unnormal ist es, wenn jemand bei der Auszählung der Abstimmungsergebnisse die Augen einer anderen braucht. Unnormal ist, wenn jemand eine Übersetzung seiner Sprache braucht – und dazu die Hände benutzen muß. Unnormal ist, wenn jemand eine Rampe oder ein extra breites Klo braucht. Und unnormal in unseren Parlamenten ist, wenn jemand aus eigener Betroffenheit heraus spricht.

Brauchen wir deshalb Frauenparlamente und Kinderparlamente und Behindertenparlamente und Lesben- und Schwulenparlamente und In-Deutschland-lebende-Ausländerparlamente und Leute-mit-einem-Jahreseinkommen-unter-20.000-Mark-Parlamente – weil deren Belange in den normalen Parlamenten nicht vorkommen? Weil sie selber am liebsten ignoriert werden? Oder wollen wir nicht ganz einfach ein anderes Parlament, ein richtig schön unnormales?

Susanne Kaiser

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