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■ KommentarImperator Henning Voscherau

Stück für Stück, Person um Person baut Stadtchef Dr. Henning Voscherau seine Machtposition aus. Mit einem ihm zu großen Teilen hörigen und persönlich verpflichteten Senat, mit Vasallen in den städtischen Großunternehmen und sorgsam geförderten Karrieren auf der mittleren Ebene in der Verwaltung hat Voscherau mittlerweile eine auf ihn zugeschnittene Machtfülle wie keiner seiner letzten Vorgänger.

Anders als seine Amtsvorgänger Dohnanyi, Klose und Schulz, allesamt bemitleidenswerte Marionetten im Filzgestrüpp sozialdemokratischer Machtzirkel, hatte Voscherau es sich 1988 vor seinem Amtsantritt ausbedungen, in wichtigen Personalfragen das letzte Wort zu haben. Und brach dabei gezielt die Macht der Parteiflügel, die bis dahin ungeniert und proporzmäßig die Spitzenpfründen der Stadt besetzen durften.

Egal ob links oder rechts: Nicht mehr Wandsbek oder Nord oder Altona wählen Senatoren und Spitzenmanager, sondern Notar Voscherau persönlich. Mal befördert er Günstlinge und Opportunisten (Mirow, Vahrenholt), mal sortiert er geschickt das linke Lager (Fischer-Menzel und Hajen), mal mischt er Wandsbek auf (Zum–kley), mal dealt er konsequent flügelübergreifend (Runde). Die Macht des rechten und linken Flügels brach Voscherau vor allem durch sein geschicktes Jonglieren mit schwachen Personen.

Mit Joachim Lubitz (bald HEW-Vorständler) und dem solide-harmlosen Landesbankchef Werner Schulz kommt auch die Kontrolle der Staatsfirmen nicht zu kurz. Allerdings: Das Imperium Voscherau ist, anders als das Kaiserreich der Machtmaschine Helmuth Kohl, ein tönernes Gebilde: Mit einer Anti-Voscheraumehrheit in der SPD-Basis, nicht einmal mehr 40 Prozent der Wählerstimmen und einem halbaufgelösten Koalitionspartner kann der Voscherau-Filz schnell verglühen.

Voscherau legte kein Fundament für eine dauerhafte Politik. Sein Günstlingsclan ist ohne Profil. Hamburgs Politik verkommt. Innovationen bleiben aus. Atomstrom, Airbus, Aluminium, Autobahnen und Demokratieabbau – ein trauriges Leistungsprofil. Ob beim Abschied, eines Tages, dann überhaupt auch nur ein einziger leise Servus sagt? Florian Marten

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