piwik no script img

■ KommentarWahnsinn mit Methode

Wenn Geld sinnlich macht, dann macht fehlendes Geld offenbar wahnsinnlich: Hamburgs aktuelle Staatsschuldenrallye sprengt jede normale Vorstellungskraft – sie ist der schlichte finanzpolitische Wahnsinn. Hätten Haushaltspläne Seehundsäuglein, Brigitte Bardot und Greenpeace würden längst Seite an Seite die Hamburger Bürgerschaft stürmen.

Aber, so mag sich manche taz-LeserIn erstaunt fragen, was ist mit dem „Volkssport Sparen“? Garnix, liebe LeserIn: Wenn die Neuverschuldung explodiert, die Ausgaben sechsmal kräftiger steigen als die Einnahmen, der Betriebshaushalt milliardenschwer und verfassungswidrig in den Miesen dämmert, die Stadt Sielnetz und bald noch das Strommonopol verscheuert – dann nenn ich das nicht Sparen, sondern Zocken.

Nein, mit goldiger Gemütsruhe testen Hamburgs Staatsbankrotteure derzeit aus, wieviel Schulden ein Stadtstaat machen kann. Die Antwort verzückt: Solange Banken und Anleihenkäufer mit der Bedienung von Zinsen und Tilgung rechnen, kann sich ein Stadtstaat pumpen, soviel er will. Schöner noch: Im Gegensatz zu ganz gewöhnlichen Bankrotteuren muß der Senat weder mit Gerichtsvollzieher noch mit Entlassung rechnen.

Im Gegenteil: Mit immer neuen Schulden läßt er sich seine Unfähigkeit zu wirklicher Reformpolitik ordentlich was kosten. Die Zeche zahlen die Bedürftigen und die Zukunft. Also doch kein Wahnsinn: Die Rationalität des Machterhalts, der eigenen Bequemlichkeit und Unfähigkeit führt geradewegs zu finanzpolitischer Verantwortungslosigkeit. Wahnsinn mit Methode. Florian Marten

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen