Kommentar: Mannheim in Bremen
■ Bremer Juso wiederholt Oskar-Coup SPD
Sozialdemokraten sind anfällig für große Worte. Wenn sie jemand aus der Eintönigkeit der Parteitagsrituale reißt, sind sie zu allem fähig. Das weiß man spätestens, seit Oskar Lafontaine einst in Mannheim mit seinem legendären Coup Scharping vom Sockel stürzte
Ganz nach oben kam der junge Lars Stegenwaller zwar noch nicht in Bremens städtischer SPD. Aber der spontane Aufstieg des aufmerksamen Rechners zeigt doch, daß die Sozis bereit sind, sich gegen Parteitagsregie durchzusetzen, wenn ihnen danach ist. Um Delegierte in einen entsprechenden Zustand zu versetzen, reichen einige offene Worte, die noch nicht einmal mit Lafontaines'schem Glanz vorgetragen sein müssen. Da vergessen die Genossen sogar alle Quoten-Beschlüsse und verdrängen die erste Frau ungeniert noch vom dritten Vorstands-Rang.
Was sagt uns das? Demokratie lebt. Es existiert noch, das öffentliche Forum, wo Kandidaten brillieren können, die nicht zuvor in den Hinterzimmern ausgekungelt worden sind. Was der Newcomer, der nach fünfjähriger Parteiabstinenz erst nach dem letzten Wahldesaster zum zweiten Mal in die SPD eingetreten ist, in der Partei bringt, wird sich zeigen. Daß sich der streitbare Juso aufs bloße Addieren von Zahlen beschränken wird, darf bezweifelt werden. Aber immerhin hat ihm diese nützliche Fähigkeit seine Parteikarriere erst ermöglicht. Joachim Fahrun
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