■ Kommentar: Fluch der Sense
Seit drei Jahren, seit dem Beginn der Sparhaushalte, stellt sich eine Alternative immer wieder neu: Soll Kultursenatorin Christina Weiss mittels des Rasenmäher-Prinzips oder durch Schließungen einzelner Institutionen sparen? Auch bei ihrem vierten Sparhaushalt hat sich Hamburgs oberste Kulturwächterin fürs großflächige Mähen entschieden. Denn, so ihre Begründung: „Alles, was wir über das Jahr 2000 hinaus retten können, wird uns wohl erhalten bleiben.“ Die Frage stellt sich nur, wie es erhalten wird?
Denn zieht man die Fixkosten ab, die Gehälter, Mieten und Unterhaltskosten beinhalten, so bleibt den meisten Instituten für ihren Kulturauftrag so wenig übrig, daß im nächsten Jahr drastische Qualitäts- und Angebotseinbußen folgen werden: Schließung von ganzen Abteilungen in den Museen, Aufgabe von Experimenten am Theater, Schließungen und Null-Service bei den Bücherhallen, Existenzbedrohung für freie Projekte.
Nach der „Kreativität“ der Künstler beim Geldbeschaffen zu rufen, wie es die Senatorin tut, führt schnell an eine Grenze, wenn zugleich gespart und außerdem noch die Einnahmen erhöht werden sollen. Folglich sagen schon heute viele Institutsleiter, die bereits Millionen eingespart haben: Wir wissen nicht, wie's weitergehen soll.
Vor diesem Hintergrund scheint das weitere Aufschieben von punktuellen Strukturentscheidungen, also des „Schließens, um zu retten“, fragwürdig. Der Rasenmäher setzt nämlich gerade an, Strukturen auf breiter Basis zu zerstören. Übrig bleibt dann der Mainstream – und der braucht keine Subventionen mehr. Till Briegleb
Bericht Seite 23
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