■ Kommentar: Geduld gegen Bremser
Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen. Über diesen Satz hat sich ebensoviel Staub gelegt wie über die Aussage, keine Sonderprogramme für Frauen, sondern gleiche Rechte zu wollen. Das Zweite aber wird solange Wunsch bleiben, bis das Erste aufhört, Wirklichkeit zu sein.
Auf landes- oder bundespolitischer Ebene ist Geduld – und mit ihr die Fähigkeit, trotz kleiner Schritte voranzukommen – kein frauenspezifisches Handicap. Und treffen nicht auch in Umwelt- oder Verkehrspolitik kluge Köpfe regelmäßig auf ignorante Bremser? Doch während sich hier die Abgeordneten noch auf eine mäßig vernehmbare Rückendeckung durch Teile der Gesellschaft verlassen können, stehen Frauenministerinnen und Gleichstellungssenatorinnen eher mit dem Rücken zur Wand.
Denn die weibliche Mehrheit schweigt. Und läßt sich kaum zum Aufschrei hinreißen, wenn ihre Rechte beschnitten bleiben oder werden. Das Wort überlassen viele Frauen den professionellen Kämpferinnen, während sie selbst um ihre ureigene, persönliche Befindlichkeit kreisen. Nur ausnahmsweise und in kleineren Zirkeln wird ab und zu ein bißchen polarisiert.
Solange Frauen weiter auf eine Zuteilung warten, statt die angestrebte Selbstverständlichkeit zu leben, können ihre politischen Vertreterinnen wenig erreichen. Statt dessen wird das männlich geprägte Stereotyp von der friedfertigen (und geduldigen) Frau mit positiven Vorzeichen versehen und „soziale Kompetenz“ genannt. Dies verändert aber nicht die reale gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen, sondern zementiert bestehende Machtstrukturen.
Stefanie Winter
Siehe Bericht Seite 22
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen