■ Kommentar: Neue Köche?
Armutsbekämpfung durch selbstorganisierte und teils privat, teils öffentlich finanzierte Netzwerke für Arbeit, Wohnen und Lebensqualität in den Stadtteilen – tolle Sache. Was vorausdenkende Wissenschaftler, die grünalternative Bewegung und die Hafenstraße seit fast 20 Jahren fordern und praktizieren, ist seit kurzem offizielle Senatspolitik. Bislang nur auf dem Papier – aber immerhin!
Mühevoll tastet sich die Hamburger Sozialdemokratie auf der Suche nach neuem Sinn vorwärts. Nun soll es zur Abwechslung mal wieder die soziale Frage sein, vor fast anderthalb Jahrhunderten immerhin Gründungsanlaß der SPD. Pate steht die bittere Erkenntnis, daß die alten sozialen Beglückungssysteme vom Ausbau des Staatsapparates über den sozialen Wohnungsbau und die Stadtteilsanierung nicht mehr finanzierbar, vor allem aber auch nicht mehr wählerwirksam sind.
Wenn die SPD heute Straßen, Kindertagesheime, Stadtteilzentren und Sozialwohnungen baut, erntet sie statt Dankbarkeit Wahl-enthaltung und grüne Oppositionsstimmen. Gleichzeitig breitet sich die „Neue Armut“ weiter aus. Wo alte Rezepte versagen, wird gierig nach neuen Kochbüchern gegriffen.
Neue Rezepte verlangen aber auch neue Köche. Selbstverwaltung, dialogische Prozesse und vernetztes Arbeiten vertragen sich aber leider nicht mit SPD-Apparatschiks und hierarchiebesessener Verwaltungspraxis. Wer Menschen in „benachteiligten Stadtteilen“ noch immer als „ökonomisch Behinderte“ betrachtet, denen der Weg zum Glück von oben gewiesen werden muß, kann die als notwendig erkannte Politik nicht verwirklichen. Florian Marten
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