■ Kommentar: Stumpfe Waffe
Die Abstimmung dauerte keine drei Minuten. Kaum hatten die Abgeordneten auf die Knöpfe gedrückt, erschien auch schon das Ergebnis auf der Anzeigetafel: Das Mißtrauensvotum gegen den Regierenden Bürgermeister war erwartungsgemäß gescheitert. Nun hatte niemand damit gerechnet, daß die SPD die Große Koalition platzen läßt, um Diepgen für die „Olympiade der Verschwendung“ zur Rechenschaft zu ziehen. Die Mißtrauensanträge von Bündnisgrünen und PDS hatten mehr symbolischen Charakter: Es ging darum, öffentlichkeitswirksam zu zeigen, daß sich Diepgen als Aufsichtsrat der Olympia GmbH nicht klammheimlich aus der Verantwortung stehlen kann.
Der Bericht des Rechnungshofs, der die großzügige Geldervergabe der Olympia GmbH rügt, wird in Kürze im Rechnungsprüfungsausschuß behandelt – wohlgemerkt unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Insofern war das drastische Mittel des Mißtrauensantrags sehr wohl gerechtfertigt, auch wenn es eine stumpfe Waffe blieb. Daß sich nur zwei der SPD-Abgeordneten der Koalitionsräson verweigerten und sich der Stimme enthielten, sagt einiges über das Koalitionsbarometer, aber auch über die Verstrickung der SPD aus. Ob Senatoren oder Abgeordnete, die SPD-Vertreter haben die unsinnige und größenwahnsinnige Olympia-Bewerbung mitgetragen. Ihr Stillhalten ist daher nur konsequent. Dorothee Winden
Siehe Bericht Seite 22
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