■ Kommentar: Mehr Verbraucherschutz statt Verfassungsschutz
Dürftig ist schon gar kein Ausdruck mehr für das, was der Verfassungsschutz gestern zu Scientology vorgelegt hat. Dieses zehnseitige Papier hätte jeder Politologiestudent als Seminararbeit im Grundstudium abliefern können. Die Beschäftigung mit den Machenschaften des Sektenkonzerns ist die neuste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verfassungshüter. Etwa zwei Jahre lang will die Behörde prüfen, ob eine Beobachtung der Sekte geboten ist oder nicht. Allein der Prüfauftrag ist eine Farce. Selbst das Bundesinnenministerium hat eine Beobachtung zum jetzigen Zeitpunkt verworfen.
Statt Verfassungsschutz ist Verbraucherschutz gefragt. Mit Aufklärung und Rechtsberatung kann Scientology wirksamer bekämpft werden als mit dem Ausschneiden von Zeitungsartikeln. Zudem gibt es schon eine Reihe fundierter Gutachten, mit denen der Verfassungsschutz kaum wird mithalten können. Nur durch eine breite, gesellschaftliche Debatte kann der Sektenkonzern ins Abseits gestellt werden. Im Immobiliensektor hat der öffentliche Druck dazu geführt, daß dessen Aktivitäten zum Teil der Boden entzogen wurde und die Spekulationserwartungen deutlich nach unten korrigiert werden mußten.
Nach dem Verfassungsschutz zu rufen ist eine pure Ersatzhandlung. Besonderen Eifer hat der Senat bei der Bekämpfung von Scientology bislang nicht an den Tag gelegt. Die Arbeitsgruppe der Staatssekretäre tagte seit ihrer Gründung gerade einmal. Und die Senatsverwaltungen können sich noch nicht einmal auf den kleinsten, gemeinsamen Nenner einigen und die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Scientology-Firmen ausschließen. Dorothee Winden
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