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■ KommentarDas Los des Feiertags

Der liebe Gott wird sich schon was dabei gedacht haben, als er den Buß- und Bettag erfand und in den November plazierte. Denn Novemberzeit ist trübe Zeit. Der Himmel sieht aus wie umweltfreundliches Klopapier. Graugesichtig, oft erkältungskrank hasten die Menschen lebensunfroh durch immergleiche Tage. Mit dem Buß- und Be-Tag, wie Kinder ihn nennen, schenkte uns der HERR Zeit des Innehaltens, der Besinnung; kurz einen schönen Tag, an dem sich die selbst-, fernseh- oder sexsüchtige Seele der begeisterten Zerknirschung über Laster, Sünde, Schuld und Verbrechen widmen kann. Buß- und Bettag war ein feiner Novembertag, ein Feiertag, der ganz besonders schön war, weil er wie ein überraschendes Geschenk vorbeikam. Am Abend zuvor konnte man ordentlich feiern.

Nun nicht mehr. Die Pflegeversicherung kam mit namenlosen Schrecken und Verwerfungen und machte dem Feiertag den Garaus. Doch aufgepaßt, mitgemacht! Wenigstens die evangelischen SchülerInnen in Berlin können sich heute vom Unterricht befreien lassen, um in die Kirche zu gehen. Auch Beschäftigte dürfen sich für diese Zeit frei nehmen. Die Gottesdienste sind nach Angaben der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg um 10 oder 19 Uhr, gelegentlich auch um 18 Uhr angesetzt. Das sollte man nutzen! Ansonsten möchte ich, auch mit Rücksicht auf das religionsfeindliche Umland, für zwei oder drei frei flottierende Feiertage plädieren, die per Los bestimmt werden sollten. Detlef Kuhlbrodt

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