Kommentar: Imageverlust
■ Handeln – bevor der Mob sich regt
Es steht Aussage gegen Aussage. Der Justizvollzugsbeamte erhebt schwere Vorwürfe gegen die Anstaltsleitung. Er macht „eklatante Sicherheitsmängel“ im Gefängnis Oslebshausen aus, die die Ausbrüche geradezu begünstigten. Nach dem Motto, der Strafvollzug ist nicht perfekt, aber wir bemühen uns, spielt das Justizressort die Kritik herunter.
Der Knast ist von hohen Mauern umgeben. Das Leben dahinter kennen nur die Häftlinge und die Bediensteten genau. Als Außenstehender ist es schwer, sich ein Urteil zu erlauben. Eins steht allerdings zweifelsfrei fest. Der Bremer Strafvollzug sorgt immer wieder für negative Schlagzeilen. Erst in der Silvesternacht zum 1. Januar 1996 gelang neun Häftlingen die Flucht aus der Jugendvollzugsanstalt Blockland. Während die beiden diensthabenden Beamten „Abalone“ spielten, brachen die Häftlinge drei Türen auf, darunter auch eine schwere Vierkant-Stahltür. Das Werkzeug hatten sie aus der anstaltseigenen Werkstatt. Der fehlende Zaun erleichterte den Häftlingen außerdem die Flucht.
Der Bremer Strafvollzug kommt um eine gründliche Prüfung etwaiger Sicherheitsmängel nicht herum. Die spektakulären Ausbrüche müssen aufhören. Sonst ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann der Mob sich regt, nach schärferen Haftbedingungen verlangt und das Ende des liberalen Strafvollzuges einleitet. Kerstin Schneider
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