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■ KommentarStudentisches Rekordtief

Jetzt ist es raus: Die Zahl der Studienplätze sinkt sogar noch unter die Marge von 85.000. Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) gestand gestern ein, daß Berlin auf das Niveau einer Provinzstadt absinkt. Vor fünf Jahren gab es noch 115.000 Studienplätze. Inzwischen sind es 100.000. Die 85.000 sollten, gesetzlich fixiert, das Ende der Fahnenstange sein. Geholfen hat es nichts. Die Möchtegernmetropole ist so weit heruntergekommen, wie es Opposition, Wissenschaft und kritische Geister beklagen: Die Stadt kann in ihren 14 Hochschulen nur noch Eingeborenen höhere (Aus-)Bildung angedeihen lassen. Immerhin, so die Medienformel von Kugelblitz Radunski, die Landeskinder kriegen wir noch unter! Dieser Bierdunst von Argument mag Piefke in der Eckkneipe befriedigen. Für das intellektuelle Niveau eines Wissenschaftssenators ist es ungenügend.

Schließlich ist es Radunski selbst, der sich inbrünstig „centers of excellence“ in der Berliner Wissenschaftslandschaft wünscht. Da kann man im Prinzip nur zustimmen. Ist es doch für ein hochindustrialisiertes Gemeinwesen die Conditio sine qua non der Fortexistenz, seine geistigen und kreativen Ressourcen auszuschöpfen. Das heißt: So vielen Menschen wie möglich Bildungszugang zu gewähren, wissenschaftlichen Nachwuchs heranzuziehen, Problemlösungen für so komplexe Fragen anzubieten wie die drohende ökologische Selbstvernichtung. Daß davon auch der „Standort“ profitiert, läßt sich wohl nicht vermeiden.

Aber selbst das ist nicht der springende Punkt bei der Frage, wie viele Studienplätze wir bieten sollen. Denn letztlich geht es für die Jugend nicht mehr um die Zukunft, sondern knallhart um die Gegenwart. Den Jungen, das ist nicht mehr zu leugnen, wird schon heute kein Platz in dieser Gesellschaft eingeräumt. Oder, wie soll man es sonst verstehen, wenn Schulen mehr und mehr verwahrlosen? Wenn die alljährliche Lehrstellenkrise nur mehr zu einem zynischen statistischen Pokerspiel taugt? Wenn trotz rapide steigender Studiennachfrage Bildungskapazitäten schlicht vernichtet werden? Nicht wenigen Teens und Twens geht diese ätzende Debatte inzwischen am Arsch vorbei. Mit Recht. Wozu hochgestylten Argumenten folgen, wenn ihr Himmel über Berlin ein graues Rechteck über einem schmutzigen Hinterhof ist: ihrem letzten geduldeten Ort. Christian Füller

Siehe Bericht Seite 5

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