Kommentar: Scheidungsgründe
■ „Hamburger Ehe“: Es geht um mehr als das Recht auf Kitsch – mit der SPD?
Als täte er selten etwas anderes, bewegt sich Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) unter Lesben und Schwulen. Ebenso souverän hat er der verdutzten GAL die Homo-Offensive aus der Hand genommen.
Zufällig spielt sich all das im Wahlkampf ab. Der Verdacht, daß die SozialdemokratInnen nach dem Urnengang leider, leider auf die realexistierenden Bonner Verhältnisse verweisen müssen und nichts passiert, ist nicht völlig abwegig. Der niedersächsischen SPD-Umweltministerin Monika Griefahn rutscht bei Lesben und Schwulen zum Beispiel schon mal die Bezeichnung „Edelrandgruppe“heraus. Andere Ziele könnten den Roten rein zufällig nach der Wahl wichtiger sein.
Tatsächlich aber geht es auch bei der „Hamburger Ehe“um mehr als das Recht auf Kitsch, Rituale und staatlich abgesegnetes Knutschen in der Fußgängerzone. Auf die Gleichheit im Spießertum zu verzichten, ließe sich verschmerzen. Aber bei Schwerkranken, die nicht von ihren LebenspartnerInnen besucht werden dürfen, oder binationalen Paaren, deren Beziehung vom Ausländerrecht bedroht wird, geht es um Existentielles. Das auf die lange Bank zu schieben, wäre schäbig. Ebenso unredlich ist die Forderung, bis auf die Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften zu warten.
Mitziehen könnte die Hamburger SPD durchaus bei Auskunft und Besuch im Krankenhaus oder beim Anrecht auf Sozialwohnungen. Doch beim Ausländerrecht wird sie sich schwertun. Noch möchte man die GAL am liebsten übertrumpfen. Aber nur, bis daß die Wahl sie scheidet. Silke Mertins
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