Kommentar: Elbe. Nicht Oder. Oder?
■ Warum Zehntelsekunden das Öko-System Elbe zum Überlaufen bringen können
Wer vernünftig über die Elbvertiefung reden will, braucht Fakten. Sagen Wirtschaft und Politik und belächeln das umweltschützerische Gejammere. Mehr als zwölf Meter ist der Fluß schon tief – was macht da einer mehr? Richtig: wenig.
Zwei Meter pro Sekunde legt die Elbe heute zurück. Welche Bedeutung haben da einige Zehntelsekunden Strömungsgeschwindigkeit mehr? Zugegeben: eine unerhebliche. Drei Millionen Standardcontainer werden im Hamburger Hafen dank tiefer Fahrrinnen jährlich umgeschlagen. Wie sollten sechs Elbfischer mit ihrer Angst vor leeren Netzen dagegen erfolgreich argumentieren?
Ganz einfach: mit Fakten. Natürlich wird die nächste Elbvertiefung – für sich genommen – dem Öko-System keinen sonderlichen Schaden zufügen. Wie auch? Das Höchstmaß der möglichen Schädigung ist bereits nahezu erreicht. Der Fahrrinnenausbau '98 wird der siebte dieses Jahrhunderts sein. Die sechs vorigen haben ganze Arbeit geleistet: Die Fische scheitern schon jetzt am Strom. Flachwasserzonen wurden begradigt oder trockengelegt, hochwasserschützendes Deichvorland zugunsten von Landwirtschaft, Häuser- und Straßenbau abgeschafft. Die Schiffe haben einen Kanal bekommen – immerhin einen mit flußgerechtem Ambiente (der Tourismusindustrie sei Dank).
Der Stärkere überlebt. Das ist ein Naturgesetz. Und genau deswegen könnten die paar Zentimeter Elbvertiefung diesmal endlich reichen, die Katastrophe auszulösen.
Was denn ... die Oder? Aber – doch nicht hier. Oder?
Heike Haarhoff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen