Kommentar: Abschreckender Irrtum
■ Schnelle Justiz bedeutet ein Risiko
Für den Autoknacker, dem zu Unrecht im sonntäglichen Schnellverfahren ein Monat Haft zuviel aufgebrummt worden ist, muß man kein Mitgefühl empfinden. Aber Justizirrtum ist Justizirrtum. So wie es – schnell, schnell – diesmal offenbar einen notorischen Autoknacker getroffen hat, kann es beim nächsten Mal jemand anderen treffen. Der Fall macht das Risiko der schnellen Justiz deutlich.
Der Mann hat das Urteil direkt an jenem Sonntag akzeptiert, ohne sich noch einmal anwaltlich zu beraten. Das ist menschlich verständlich, hat aber zur Folge, daß der Justizirrtum rechtskräftig ist. Die Behauptung, Fehler in den beschleunigten Verfahren könnten ja in der Berufung im normalen Verfahren korrigiert werden, stimmt nur theoretisch. Praktisch werden insbesondere „durchreisende Ausländer“, die ja in den Schnellverfahren vor allem der Gerechtigkeit zugeführt werden sollen, die Urteile nicht anfechten, sondern lieber abhauen und sich möglichst nie wieder blicken lassen.
Der Autoknacker-Fall zeigt: Abschreckende Wirkung kann die „beschleunigte Gerichtsbarkeit“haben, auch wo der Buchstabe des Gesetzes knapp verfehlt wird. Aber wenn durchreisende Ausländer keine Strafe fürchten müssen, trägt das auch nicht zur Gerechtigkeit bei. So entspricht es vielleicht höherer Gerechtigkeit, wenn die „beschleunigten Verfahren“von ihrer Zahl her in Bremen unbedeutend bleiben. Klaus Wolschner
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