■ Kommentar: Morbus SFBicus
Erst gab es ganz viele Kandidaten, dann gab es einen Kandidaten und einen Gegenkandidaten, nun gibt es auch noch einen Konsenskandidaten in spe, doch vielleicht gibt es am Ende nur noch einen Kandidaten. Aber der hat keine Mehrheit. Die CDU hat emsig gesucht, jedoch keinen richtigen Kandidaten. Die SPD hat schlecht gesucht, jedoch den besseren Kandidaten. Aber der könnte über Vertragstricks aus dem Rennen gekickt werden. Heute abend soll ein neuer SFB-Intendant gewählt werden, und es herrscht, was den Sender schon seit Jahren behrrscht: Stillstand, Intrigen, Parteikumpanei. Der Morbus SFBicus wuchert wieder. Der SFB soll einen starken, unabhängigen Intendanten bekommen? Vielleicht, sagen sich die Rundfunkstrippenzieher, schließlich wollen wir einen großen Hauptstadtsender, der so wichtig ist, wie wir sind. Andererseits, wirklich ein starker, unabhängiger Intendant, cui bono? Der SPD, vertreten durch Rundfunkratschefin Marianne Brinckmeier, ist es einmal in ihrem Leben geglückt, keiner weiß genau wie, einen glänzenden Personalvorschlag zu plazieren. Doch die sozialdemokratischen Strippenzieher haben kurz vor Schluß ihren Kandidaten ins Aus manövriert, weil sie Modalitäten zustimmten, von denen sie wußten, daß Werner Hahn sie nicht akzeptieren kann. Ein starker, unabhängiger Intendant, cui bono? fragt das schlechte großkoalitionäre Gewissen immer wieder. Etwa uns?
Das Chaos zeigt, wie der SFB in der Berliner Politik immer noch genommen wird: als ein Feld für Politspiele. Doch heute geht es um das Überleben des Senders. Und wenn der über die Kippe fällt, gibt es auch keine Strippen mehr zu ziehen. Vielleicht bringt das die Räte noch zur Besinnung. Lutz Meier
Bericht Seite 22
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